Vorsorge­vollmacht und General­vollmacht: Der Unterschied

von Franziska Saß
12.11.2020 (aktualisiert: 22.02.2021)
Das Wichtigste in Kürze:
  • Vorsorge- und General­vollmacht werden oft synonym genannt, da es sich juristisch um das gleiche Dokument handelt.
  • Einziger Unterschied: Die General­vollmacht wird in der Regel eingesetzt, wenn der Vollmachtgeber noch geschäftsfähig ist. Mit der Vorsorge­vollmacht sorgen Sie hingegen für einen Zeitpunkt vor, zu dem Sie nicht mehr geschäftsfähig sind.
  • Eine Vorsorge­vollmacht sollte nicht nur umfangreicher, sondern auch detaillierter sein, da der Bevollmächtigte sich um sehr viele Lebensbereiche des Vollmachtgebers kümmern muss.

Vorsorge­vollmacht und General­vollmacht werden oft synonym gebraucht. Das sorgt für Verwirrung. Handelt es sich um ein und dasselbe Dokument? Wir erklären, was Sie wissen müssen.

Was ist eine Vollmacht?

Grundsätzlich sollte der Begriff Vollmacht jedem bekannt sein: Mit diesem Dokument berechtigen Sie eine Vertrauensperson dazu, Sie gegenüber Dritten zu vertreten. Die wohl geläufigste Vollmacht ist die Post­vollmacht, die z. B. benötigt wird, um für jemand anderen ein Paket oder Schriftstück bei der Post abzuholen. Sie können Personen aber auch für andere Bereiche bevollmächtigen und sich gegenüber der Bank, Behörden oder vor Gericht vertreten lassen. Unter welchen Umständen Sie jemand vertreten darf, bestimmen Sie dabei stets selbst.

Die General­vollmacht

Die General­vollmacht ermöglicht es dem Bevollmächtigten, den Vollmachtgeber sofort mit Aushändigung der Vollmacht in allen rechtlichen und persönlichen Angelegenheiten gegenüber Dritten zu vertreten. Ihr Bevollmächtigter kann z. B. auf Ihre Konten zugreifen, Ihre Immobilien verkaufen, auf Ihren Namen neue Immobilien kaufen oder darüber entscheiden, wie Sie medizinisch behandelt werden. Allerdings muss es nicht immer so sein, dass eine General­vollmacht in allen Lebensbereichen eingesetzt werden kann. Als Verfasser können Sie selbst frei entscheiden, welche Aufgaben der oder die Bevollmächtigte für Sie übernehmen soll und die Vollmacht entsprechend einschränken. Sie können ebenfalls festlegen, für welchen Zeitraum der Bevollmächtigte in Ihrem Namen handeln darf.

Häufig erstellen Ehepartner für den jeweils anderen eine General­vollmacht, damit dieser im Alltag und im Notfall bestimmte Dinge regeln kann. So können Sie Ihren Partner dazu berechtigen, nicht nur über sein eigenes Konto zu verfügen, sondern über alle Bereiche des ehelichen Vermögens. Als Vertreter des Vollmachtgebers kann der Bevollmächtigte dabei auch in Verhandlung mit öffentlichen Stellen, Versicherungen und Geschäftspartnern treten.
Achtung: Noch immer sitzen viele Menschen dem Irrtum auf, dass Ehepartner auch ohne Vollmacht füreinander entscheiden dürfen. Das ist allerdings falsch. Was Sie dazu wissen sollten, erfahren Sie in unserem Beitrag Vorsorge­vollmacht: Warum Ehepartner vorsorgen müssen.

Tipp: Der Kauf und Verkauf von Immobilien sind nur dann möglich, wenn die General­vollmacht öffentlich beglaubigt ist. Dazu müssen Sie einen Notar aufsuchen. In puncto Bankkonten sollten Sie zudem mit Ihrer Bank in Kontakt treten, denn häufig erkennen Banken nur Bank­vollmachten und keine General­vollmachten an.

Notar beglaubigt Vorsorgevollmacht
Besonders wenn die Bevollmächtigten Immobilien kaufen oder verkaufen sollen, bedarf es der öffentlichen Beglaubigung eines Notars – sowohl bei der General- als auch bei der Vorsorge­vollmacht.

Die Vorsorge­vollmacht

Die Vorsorge­vollmacht wird meist erstellt, um die persönlichen, gesundheitlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten des Vollmachtgebers für den Fall zu regeln, dass er selbst nicht mehr in der Lage ist, seine Interessen wahrzunehmen oder seinen Willen zu äußern. Die Vorsorge­vollmacht setzen Sie ein, um einen Angehörigen mit der notwendigen Entscheidungsbefugnis auszustatten, persönliche Angelegenheiten nicht nur in Ihrem Auftrag, sondern auch in Ihrem Sinne zu regeln.

In der Regel ist eine Vorsorge­vollmacht sofort gültig, wenn Sie sie unterschrieben haben. Eingesetzt wird sie aber erst dann, wenn Sie aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls geschäftsunfähig geworden sind. Sie können genau angeben, in welchen Bereichen Ihre Vertrauensperson handlungsfähig sein soll. Diese Aufgaben können über eine Vorsorge­vollmacht geregelt werden:

Gesundheit: Im besten Fall haben Sie in Ihrer Patienten­verfügung festgelegt, welchen medizinischen Behandlungen Sie zustimmen und welche Sie ablehnen. Allerdings kann auch die beste Patienten­verfügung nicht alles abdecken. Deshalb braucht es einen bevollmächtigten Angehörigen, von dem Ärzte im Zweifel eine Entscheidung zur Behandlung einholen können. Zu diesem Zweck sind Ärzte ihm gegenüber von der Schweigepflicht entbunden und er darf Ihre Kranken­akten einsehen.

Pflege­bedürftigkeit: Werden Sie durch eine Krankheit, einen Unfall oder im Alter pflegebedürftig, bedarf es einer angemessenen Pflege. Ihre Vertrauensperson muss diese nicht selbst übernehmen, sich aber um die Organisation der Pflege kümmern. Dazu gehört z. B. die Beantragung eines Pflege­grades, die Auswahl eines Pflege­dienstes und die Beschaffung von Pflege­hilfsmitteln.

Aufenthalt und Wohnungsangelegenheiten: Sind Sie nicht mehr in der Lage, Ihren Alltag selbst zu organisieren, ist Ihre alte Wohnung ggf. kein geeigneter Ort mehr für Sie. Ihr Bevollmächtigter ist berechtigt, Sie z. B. bei sich oder in einer geeigneten Pflege­einrichtung unterzubringen. Er darf Ihre alte Wohnung kündigen und falls nötig einen neuen Mietvertrag abschließen.

Vermögen: Um z. B. Mieten oder die Kosten für ein Pflege­heim zu zahlen, muss die von Ihnen bevollmächtigte Person Zugriff auf Ihre Konten bekommen. Allerdings ist hier Vorsicht geboten: Zum einen sollten Sie genau regeln, ob die bevollmächtigte Person auch Schenkungen an sich oder andere vornehmen darf. Zum anderen akzeptieren viele Banken keine Vorsorge­vollmacht, sondern fordern eine Bank­vollmacht, meist mit hauseigenen Vordrucken. Zudem muss ein Bevollmächtigter, sofern er nicht auch Alleinerbe ist, im Nachhinein ggf. Ausgaben vor den Erben rechtfertigen und sollte deshalb Überweisungsbelege und Quittungen aufbewahren.

Post- und Fernmeldeverkehr: Ihr Bevollmächtigter darf Ihre Post entgegennehmen und lesen. Auch E-Mails sind hier inbegriffen. Zudem ist es dem Angehörigen erlaubt, Tele­kommunikations­verträge für Sie abzuschließen oder zu kündigen.

Vertretung vor Gericht und Behörden: Der Bevollmächtigte vertritt Sie nicht nur vor dem Betreuungs­gericht, sondern auch vor anderen Gerichten. Gleiches gilt für Behörden, Versicherungen, Sozial- und Renten­versicherungsträger.

Achtung: Bei einigen Regelungen zum Geltungsbereich einer Vollmacht hat die Rechtsprechung entschieden, dass der Vollmachtgeber die näheren Umstände explizit benennen muss. Das beinhaltet etwa die Einwilligung in bestimmte ärztliche Maßnahmen oder die Entscheidung über die Unterbringung in einem Heim.

In unserem Ratgeber erfahren Sie alles über die Rechte und Pflichten Bevollmächtigter. Was passiert, wenn ein Bevollmächtigter seine Pflichten nicht wahrnehmen möchte, lesen Sie im Beitrag Vorsorge­vollmacht: Bevollmächtigter will nicht – was tun?

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Das darf ein Bevollmächtigter nicht

Selbst mit einer Vorsorge- oder General­vollmacht darf eine Vertrauensperson nicht uneingeschränkt handeln. Es gibt Fälle, in denen sie ein Betreuungs­gericht zur Entscheidung hinzuziehen muss. Das ist besonders dann der Fall, wenn über einen lebensgefährlichen oder den Vollmachtgeber nachhaltig einschränkenden medizinischen Eingriff entschieden werden muss. Allerdings gilt hier: Sind sich Arzt und Bevollmächtigter darüber einig, ob die Person den Eingriff gewollt hätte, kann ohne Betreuungs­gericht im Sinne des Vollmachtgebers entschieden werden. Steht zur Klärung, ob freiheitsentziehende Maßnahmen ergriffen werden dürfen, wie z. B. das Anbringen von Bettgittern, muss in jedem Fall das Betreuungs­gericht einbezogen werden.

Im Übrigen hat die Vollmacht auch immer Grenzen bei höchstpersönlichen Rechten und Entscheidungen. Ausgeschlossen von der Vollmacht sind die Eheschließung und -scheidung, die Schließung von Eheverträgen, die An- oder Aberkennung von Vaterschaft, die Ausübung des Wahlrechts und die Erstellung eines Testaments. Der Bevollmächtigte kann zudem nicht für seinen Vollmachtgeber vor Gericht aussagen.

Vorsorge- und General­vollmacht: Der Unterschied liegt in der Intention

Im juristischen Sinne gibt es zwischen den beiden Vollmachten keinen Unterschied. Einzig und allein die Intention ist unterschiedlich. Die General­vollmacht kommt immer dann zum Einsatz, wenn ein geschäftsfähiger Vollmachtgeber einen Termin oder bestimmte Aufgaben aus verschiedenen Gründen nicht wahrnehmen kann oder möchte. Er bevollmächtigt dann eine Vertrauensperson, ihn zu vertreten.

Ein typischer Fall: Ein Ehepaar hat getrennte Konten. Einer von beiden muss für längere Zeit geschäftlich ins Ausland. Damit der andere in dieser Zeit auf alle Konten zugreifen kann, um die Miete und andere laufende Kosten zu begleichen, erteilt ihm der Geschäftsreisende eine General­vollmacht. Die Vollmacht gilt nur für den Zugriff auf die Konten und nur solange der andere auf Reisen ist.

Die Vorsorge­vollmacht hingegen wird für den Fall erstellt, dass der Vollmachtgeber nicht mehr geschäftsfähig ist. Da sich der Bevollmächtigte um zahlreiche Lebensbereiche kümmern muss, bedarf es hier detaillierter und umfassender Regelungen.

Beispiel: Elfriede Müller möchte für den Fall vorsorgen, dass ihr etwas passiert oder sie durch eine Krankheit geschäftsunfähig wird. Sie wünscht sich, dass ihr Sohn Jakob in so einem Fall von den Ärzten Auskunft erhalten und über die medizinische Behandlung seiner Mutter entscheiden darf. Außerdem soll er auch das Recht bekommen, über ihren Aufenthaltsort zu entscheiden und sie ggf. in einem Heim unterzubringen. Sie setzt eine Vorsorge­vollmacht auf, in der sie die oben genannten Punkte genau schildert und händigt sie Ihrem Sohn aus. Er soll sie einsetzen, wenn seine Mutter geschäftsunfähig wird. So lange wie Elfriede Müller geschäftsfähig ist, kommt die Vorsorge­vollmacht nicht zum Einsatz.

Vertrauensvolles Händeschütteln
Die General- als auch die Vorsorge­vollmacht sind Ausdruck des uneingeschränkten Vertrauens gegenüber Ihres Bevollmächtigten. Sind Sie unsicher, ob er immer in Ihrem Sinne handelt, sollten Sie eine Kontrollperson einsetzen.

Innenverhältnis regeln

Sie können sowohl bei einer General­vollmacht als auch bei einer Vorsorge­vollmacht eine Regelung zum Innenverhältnis vornehmen – zumindest bei einer Vorsorge­vollmacht sollten Sie das auch tun. Während die Vorsorge­vollmacht an sich regelt, dass Ihre Vertrauensperson Sie gegenüber Dritten vertreten darf, regelt das Innenverhältnis, wie sie Sie vertreten und handeln soll. Das Innenverhältnis können Sie formlos schriftlich aufsetzen und gemeinsam mit der Vorsorge­vollmacht aufbewahren oder Ihrer Vertrauensperson aushändigen. Damit geben Sie Ihrer Vertrauensperson einen Leitfaden für Ihr Handeln an die Hand, der ihr die Wahrnehmung ihrer Aufgabe deutlich vereinfacht. Erstellen Sie eine umfassende General­vollmacht, macht es auch in diesem Fall Sinn eine Regelung zum Innenverhältnis aufzusetzen.

Häufig gestellte Fragen

Kann ich eine General­vollmacht selbst schreiben?

Ja, Sie können eine General­vollmacht selbst schreiben. Allerdings ist es vorher sinnvoll, sich Muster und Vorlagen anzuschauen und sich zu informieren, welche Befugnisse mit einer General­vollmacht erteilt werden können. In einigen Fällen ist es notwendig, dass die Vollmacht von einem Notar beglaubigt wird, z. B. wenn die bevollmächtigte Person Immobilien verkaufen soll.

Kann ich mit einer General­vollmacht ein Konto auflösen?

Das hängt von den erteilten Befugnissen ab. Entgegen der verbreiteten Meinung erlaubt eine General­vollmacht einem Bevollmächtigten nämlich nicht, frei zu handeln. Der Aussteller der Vollmacht entscheidet, in welchen Bereichen ihn die bevollmächtigte Person vertreten darf. Ist der Bereich der Finanzen, inklusive des Zugriffs auf Konten, eingeschlossen, kann der Bevollmächtigte auch ein Konto auflösen.

Quellen

Franziska Saß

Franziska Saß ist seit April 2020 Content Managerin bei Afilio. Die studierte Journalistin hat über mehrere Jahre frei für verschiedene Tageszeitungen geschrieben und war anschließend in verschiedenen Unternehmen im Content Management tätig. Bei Afilio schreibt sie vor allem Ratgeberartikel zu wichtigen Vorsorge­dokumenten, Versicherungen und Pflege.

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