Enterben: So schließen Sie Angehörige vom Erbe aus

von Franziska Saß
21.08.2019 (aktualisiert: 22.02.2024)
Das Wichtigste in Kürze:
  • Wenn Sie jemanden enterben möchten, müssen Sie dafür ein Testament aufsetzen. Im Dokument selbst müssen Sie keinen Grund angeben, warum Sie die Person enterben möchten.
  • Grundsätzlich ist es kostenlos, jemanden zu enterben – es ist auch nicht notwendig, einen Notar für eine Beglaubigung des Testaments hinzuziehen.
  • Wenn Sie jemanden aus Ihrem engeren Familienumfeld enterben, dem laut der gesetzlichen Erbfolge ein Erbanteil zusteht, erhält dieser trotzdem seinen Pflichtteil.
  • Der Pflichtteil entspricht der Hälfte des normalen Erbanteils.
  • Unter gewissen Umständen ist es allerdings möglich, auch diesen Pflichtteil zu entziehen.

Streit innerhalb der Familie ist normal – doch in einigen Fällen können Auseinandersetzungen nicht mehr geklärt werden. Oftmals entscheiden Eltern sich dann dazu, ihre Kinder zu enterben. Wir erklären, was das bedeutet und wie Sie jemanden korrekt enterben können.

Enterben: Was bedeutet das?

Bestimmt eine Person in ihrem Testament, dass ein Angehöriger sie nicht beerben soll, legt sie damit fest, dass dieser nach ihrem Tod nichts von ihrem Vermögen bekommt.

Das heißt allerdings nicht, dass die Erben leer ausgehen. Denn ein gesetzlicher Pflichtteil steht jedem, der nach gesetzlicher Erbfolge als Erbe erster Ordnung gilt, zu. Das betrifft eigene Kinder und Enkel.

Wen darf ich enterben?

Grundsätzlich gilt: Hat eine Person aufgrund der gesetzlichen Erbfolge das Recht, Sie zu beerben, dann können Sie sie auch enterben. Dazu gehören:

  • Erben erster Ordnung: Kinder, Enkelkinder
  • Erben zweiter Ordnung: Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen
  • Erben dritter Ordnung: Großeltern, Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen

Sind Sie verheiratet oder leben in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, hat auch Ihr Partner einen Anspruch auf einen Teil des Nachlass­es. Sie können sowohl ihn als auch alle oben aufgeführten Personen enterben. Dabei sollten Sie beachten, dass Erben an die Stelle der enterbten Personen treten können. Enterben Sie also beispielsweise Ihre Tochter und diese hat Kinder, erhalten diese das Erbe.

Gut zu wissen

Kinder werden häufig enterbt – oft zugunsten des Ehepartners. Denn das Berliner Testament sieht vor, dass die Kinder erst dann erben, wenn beide Elternteile verstorben sind. Stirbt nur ein Elternteil, erbt der andere. Oftmals legen Eltern und Kinder gemeinsam fest, dass die Kinder in diesem Fall auf ihren Pflichtteil verzichten. Dieser würde ihnen zustehen, sobald Vater oder Mutter verstorben sind. Das würde aber in vielen Fällen Probleme für den Überlebenden darstellen, denn er ist dann ggf. gezwungen, das Haus der Eheleute zu verkaufen, um die Kinder auszuzahlen.

Wie enterbe ich jemanden?

Zum Enterben bedarf es zwingend eines Testaments. Sie müssen Ihren letzten Willen handschriftlich festhalten und unterschreiben. Um eine Person zu enterben, können Sie Formulierungen wie „Meine Tochter soll mich nicht beerben“ oder „Meine Schwester setze ich auf den Pflichtteil“ in das Testament einbauen. Alternativ können Sie stattdessen auch schreiben, wer Sie als Alleinerbe beerben soll, z. B. indem Sie folgende Formulierung aufnehmen: „Mein Sohn ist Alleinerbe“.

Wenn Sie nicht möchten, dass ein Angehöriger Sie beerbt, dann ist das Ihr persönlicher Wunsch, den Sie nicht rechtfertigen oder erklären müssen. Sie müssen also in Ihrem Testament keinen Grund für Ihre Entscheidung angeben.

Übrigens: Sie müssen für die Rechtsgültigkeit Ihres Testaments und die damit verbundene Enterbung keinen Notar aufsuchen. Es genügt Ihre handschriftliche Unterschrift. Dementsprechend sind mit der Enterbung für Sie keine Kosten verbunden.

Wann darf ich enterben?

Die Antwort ist ganz klar: Wenn Sie es für notwendig und angemessen halten. Es gibt keine Vorgaben dazu, wann Sie jemanden enterben dürfen. Sie müssen es der betroffenen Person nicht einmal mitteilen. Steht in Ihrem Testament, dass ein Familienmitglied enterbt ist, ist dies mit Ihrer Unterschrift rechtsgültig.

Handschriftliches Testament und Geldscheine
Wer Angehörige enterben möchte, muss dazu ein handschriftliches Testament aufsetzen.

Enterben: Wie hoch ist der Pflichtanteil?

Auch Personen, die enterbt wurden, haben in der Regel Anspruch auf einen Pflichtteil. Ein Familienmitglied ersatzlos zu enterben, ist nur in besonderen Fällen möglich. Denn das Gesetz sieht eine Fürsorgepflicht für nächste Angehörige vor, die über den eigenen Tod hinausgeht.

Beispiel

Herbert Müller ist ein wohlhabender Mann. Nach seinem Tod hinterlässt er ein Vermögen von zwei Millionen Euro. Seine zwei Kinder erfahren bei der Testamentseröffnung, dass er nur von seinem Sohn Matthias beerbt werden möchte und seine Tochter Luise enterbt hat. Trotzdem steht Luise ein Pflichtteil zu, der die Hälfte des ihr eigentlich zustehenden Erbteils beträgt – also 500.000 Euro.

Wichtig: Ein Pflichtteil wird niemals von allein zugesprochen. Um seinen Anspruch geltend zu machen, muss ein Familienmitglied seine Forderung direkt gegenüber den anderen Erben stellen. Allerdings sollten Pflichtteils­berechtigte damit nicht ewig warten: Der Anspruch auf den Pflichtteil verjährt nach drei Jahren, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Erblasser verstorben ist.

Kein Anspruch auf den Pflichtteil
Enterben wegen groben Undanks

In besonderen Fällen ist es sogar möglich, dem Erben auch den Pflichtteil zu entziehen. Dafür muss aber ein Fall groben Undanks vorliegen. Grober Undank besteht immer dann, wenn der Erblasser durch die erbberechtigte Person einen Schaden erlitten hat. Wurde der Erblasser von seinem Erben z. B. schwer verletzt oder es wurden andere Straftaten gegen ihn oder ihm nahestehende Angehörige verübt, kann er ihm auch den Pflichtteil entziehen. Allerdings müssen Verbrechen oder schwere vorsätzliche Vergehen wie Diebstahl oder Körperverletzung vorliegen. Eine Beleidigung reicht nicht aus.

Trachtete der Erbe dem Erblasser nach dem Leben, liegt ebenfalls grober Undank vor. Genauso verhält es sich, wenn der Erbe die gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt hat. Wurde der Erbe wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und der Erblasser sieht die Teilhabe am Nachlass als unzumutbar an, kann er ihn ebenfalls wegen groben Undanks enterben. Verzeiht der Erblasser dem Erben nachweislich vor seinem Tod, ist die Regelung allerdings nichtig.

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Quellen

Franziska Saß

Franziska Saß ist seit April 2020 Content Managerin bei Afilio. Die studierte Journalistin hat über mehrere Jahre frei für verschiedene Tageszeitungen geschrieben und war anschließend in verschiedenen Unternehmen im Content Management tätig. Bei Afilio schreibt sie vor allem Ratgeberartikel zu wichtigen Vorsorge­dokumenten, Versicherungen und Pflege.

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