Organspende – das sollten Sie wissen

von Afilio
21.08.2019 (aktualisiert: 19.03.2024)
Das Wichtigste in Kürze:
  • Jeder Mensch kann Organe und Gewebe spenden – unabhängig vom Alter, Herkunft, Religion oder sexueller Orientierung. Ob eine Spende möglich ist, wird im Einzelfall entschieden.
  • Organe dürfen nur entnommen werden, wenn zwei Ärzte unabhängig voneinander den Hirntod bestätigen. Außerdem muss die Zustimmung der verstorbenen Person oder der Angehörigen vorliegen.
  • Die Entnahme erfolgt wie bei einer normalen Operation. Einschnitte werden ordentlich vernäht, sodass auch eine Aufbahrung zur Beisetzung der Person möglich ist.

Organspende in Deutschland

Die Organspende ist in Deutschland ein heiß diskutiertes Thema. Besonders 2019 nahm die Debatte um die Spende von Organen Fahrt auf. Dass immer wieder über die Organtransplantation nach dem Hirntod debattiert wird, liegt besonders daran, dass die Zahl derer, die ihre Organe spenden, noch immer gering ist. Aktuell stehen rund 8.500 Menschen in Deutschland auf der Warteliste für ein Spenderorgan, die meisten warten auf eine Spenderniere.

Die hohe Zahl der potenziellen Empfänger steht einem sehr geringen Teil von Spendern gegenüber: Zwar steigen die Zahlen seit 2018 wieder, 2022 gab es bundesweit jedoch nur 869 Organdspender. Im Schnitt hilft jeder von ihnen drei Erkrankten.

Gesetzesänderung zur Organspende: Die Zustimmungslösung

Deutschland setzt bei der Organspende auf die freiwillige Basis – eine Widerspruchlösung, wie sie der damalige Gesundheits­minister Jens Spahn (CDU) Anfang 2019 gefordert hatte, wird es auch nach der jüngsten Gesetzesänderung nicht geben. Viele andere europäische Länder, wie Österreich, Norwegen und Belgien, setzen bereits auf das Verfahren. Dabei ist jeder Bürger automatisch Organspender, es sei denn er widerspricht. In Deutschland kann eine Spende hingegen nur dann vorgenommen werden, wenn der Patient oder seine Angehörigen dem ausdrücklich zustimmen.

Ihre Zustimmung können Sie zum Beispiel über den Organspende­ausweis oder die Patienten­verfügung schriftlich erteilen. Seit dem 18. März 2024 gibt es das zentrale digitale Organspende-Register. Alternativ können Sie Ihre Entscheidung zur Organspende auch ganz einfach auf der Afilio-Notfallkarte hinterlegen.

Wer darf Organe spenden?

Prinzipiell darf jeder Mensch – ungeachtet des Alters, der Herkunft, Religion oder sexueller Orientierung – Organe spenden. Auch Menschen, die von der Blut- und Plasmaspende ausgeschlossen sind, wie zum Beispiel Personen mit sexuellem Risikoverhalten oder ernsthaften Erkrankungen, können Organe spenden. Es gibt nur wenige Vorerkrankungen, die eine Organspende von vornherein ausschließen: Dazu gehören eine akute Krebserkrankung und ein positiver HIV-Befund. In beiden Fällen ist das Risiko zu groß, den Organ- oder Gewebeempfänger nach einer Transplantation in eine erneut lebensbedrohliche Situation zu bringen.

Sogar Minderjährige haben die Möglichkeit, ihre Wünsche zur Organspende zu äußern: Ab dem 14. Lebensjahr dürfen Kinder ihren ausdrücklichen Widerspruch erklären, ab dem 16. Lebensjahr ihre Bereitschaft zur Organspende, ganz unabhängig von den Vorstellungen ihrer Eltern. Nach oben hin gilt für die Organspende keine Begrenzung: Es zählt der Gesundheits­zustand des Patienten, nicht das Alter. So sind auch Spenden von Personen über 80 Jahren möglich.

Bei der Gewebespende sieht das anders aus: Knochen und Weichgewebe können bis zum 75. Lebensjahr gespendet werden, Herzklappen und Blut­gefäße bis zum 65. Lebensjahr. Allein für die Spende von Augenhornhaut gilt keine Altersgrenze.

Organspende Frau hält Herzmodell in der Hand
Neben Lunge, Leber, Niere und Dünndarm werden auch Spenderherzen erfolgreich transplantiert.

Welche Organe können Sie spenden?

Medizinisch wird zwischen Organ- und Gewebespende unterschieden. Bei der Organspende ist es dank des medizinischen Fortschritts der letzten Jahrzehnte möglich, viele lebenswichtige Organe zu transplantieren. Folgende Organe kommen für eine Organtransplantation in Frage:

  • Nieren
  • Leber
  • Lunge
  • Herz
  • Bauchspeicheldrüse
  • Dünndarm

Welches Gewebe können Sie spenden?

Sehr viel häufiger als vollständige Organe wird Gewebe transplantiert. Zum einen besteht bei der Transplantation von Gewebe ein deutlich geringeres medizinisches Risiko beim Eingriff. Zum anderen kann Gewebe auch über mehrere Wochen in speziellen Gewebedatenbanken gelagert werden, während das Zeitfenster für eine erfolgreiche Organtransplantation vergleichsweise gering ist. Auf diese Weise kann Gewebe auch zu einem späteren Zeitpunkt übertragen werden, was eine sorgfältige Vorbereitung des Eingriffs begünstigt.

Idealerweise erlaubt die längerfristige Vorbereitung es auch, einen Zeitpunkt mit idealer körperlicher Konstitution des Patienten für die Gewebeübertragung zu wählen. Diese Gewebe eignen sich für die Transplantation:

  • Hornhaut (Auge)
  • Knochen
  • Weichteilgewebe
  • Eihaut der Fruchtblase (Amnion)
  • Herzklappen
  • Blut­gefäße
Organspende regeln: In der Patienten­verfügung

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Wann werden Organe entnommen?

Erst nach Feststellung des vollständigen und unwiderruflichen Ausfalls der gesamten Gehirnfunktionen dürfen Ärzte Organe entnehmen und einem Spender transplantieren. Der Hirntod ist die seit 1968 maßgebliche Todesdefinition. Zwei Ärzte müssen ihn unabhängig voneinander nach Richtlinien der Bundesärztekammer feststellen und dokumentieren. Weit verbreitet ist die Angst, dass Ärzte zu früh einen Hirntod diagnostizieren und entsprechende Maßnahmen zur Lebenserhaltung nicht mehr einleiten. Diese Sorge ist allerdings unbegründet. Der hippokratische Eid verpflichtet den Arzt dazu, alles ihm Mögliche zu tun, um seinen Patienten zu retten.

Ablauf einer Organspende

Haben zwei Ärzte unabhängig voneinander den nicht behebbaren Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms des Patienten diagnostiziert, holen sie anschließend Informationen über seine Spenden­bereitschaft ein. Im günstigsten Fall liegt ein Organspende­ausweis oder eine Patienten­verfügung vor. Ist das nicht der Fall, können die Angehörigen entscheiden.

Willigen sie in die Spende ein, leitet das Kranken­haus alle nötigen Informationen zum Spender an die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) weiter. Die DSO beauftragt anschließend alle nötigen Untersuchungen, die für die Transplantation wichtig sind. Anschließend übermittelt sie alle Daten an die Stiftung Eurotransplant. Die Stiftung ermittelt den passenden Empfänger.

Um diesen zu finden, gleicht ein komplexes Computersystem die vorliegenden Daten mit den Daten der potenziellen Empfänger ab. Ist der passende Empfänger gefunden, stellt die DSO ein Entnahmeteam zur Verfügung, das die Spenderorgane entnimmt. Anschließend bringt ein Transporter der DSO die Organe in das Transplantationszentrum, in dem der Empfänger bereits für die OP vorbereitet wurde.

Organspende: Frau hält Nierenmodelle vor ihren Bauch
Die Nieren können nicht nur nach dem Tod gespendet werden. Häufig wird eine Niere auch im Rahmen einer Lebendspende entnommen und einem Erkrankten eingesetzt.

So läuft die Organentnahme

Zumeist stellt die DSO ein Team, das die Spenderorgane in einer Operation entnimmt. Der Kreislauf des hirntoten Spenders wird weiterhin aufrechterhalten, er wird künstlich beatmet und darüber hinaus in Narkose versetzt. Zwar verfügt der menschliche Körper nach dem Hirntod über kein Schmerzempfinden mehr, Narkosemittel und Relaxantien unterdrücken jedoch mögliche Reflexe, die die Nervenbahnen auslösen können.

Entnommene Organe und geeignetes Gewebe werden untersucht, mit einer speziellen Lösung gespült und für den gekühlten Transport vorbereitet. Die Einschnitte am Körper des Spenders werden anschließend sorgfältig verschlossen, um den Körper in äußerlich weitestgehend unbeeinträchtigt zur Beisetzung an die Angehörigen zu übergeben. Maßgeblich bleibt, den Angehörigen einen würdevollen Abschied zu ermöglichen. Auch eine Aufbahrung im Rahmen einer Bestattung ist weiterhin möglich.

Wer erhält ein Spenderorgan?

Die Auswahl eines geeigneten Spenders übernimmt ein maschinelles Programm von Eurotransplant. Wer tatsächlich Empfänger eines Organs wird, hängt von medizinischen Faktoren wie Blut­gruppe, Alter, Gewicht und Gewebemerkmalen des Patienten ab. Je ähnlicher sich Spender und Empfänger in medizinischer Hinsicht sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass sein Körper das Gewebe oder das Organ gut annimmt und nur geringe Abstoßungsreaktionen auftreten.

Die Warteliste, die die Stiftung Eurotransplant verwaltet, umfasst Patienten aus Belgien, Deutschland, Kroatien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Slowenien und Ungarn. Organspenden erfolgen immer anonym, der Empfänger und die Angehörigen des Spenders treten nicht in Kontakt miteinander.

Organspende: Erfolgschancen der Transplantation

Organtransplantationen haben zumeist sehr gute Erfolgsaussichten. Ein Jahr nach einer Nierentransplantation leben im Schnitt noch 95 Prozent aller Empfänger, nach drei Jahren sind es durchschnittlich noch 91 Prozent. Die Erfolgschancen einer Herztransplantation liegen nach drei Jahren bei 75 Prozent. Die Erfolgsaussichten von Gewebetransplantationen sind generell besser als die der Organspenden, da bei der Gewebeübertragung ein insgesamt geringeres medizinisches Risiko besteht. Zum Beispiel weisen nach einem Jahr 95 Prozent der transplantierten Augenhornhäute volle Funktionstüchtigkeit auf, nach fünf Jahren sind es noch 80 Prozent.

Angst vor Manipulation

Viele Patienten fürchten besonders nach den Manipulationen in Göttingen und Leipzig 2010 und 2011, bei der Organvergabe benachteiligt zu werden. In beiden Fällen sollen Ärzte Kranken­daten gefälscht haben, um ihren eigenen Patienten schneller ein Spenderorgan zu verschaffen, wodurch andere Patienten mit akuten Krankheitsverläufen in der Warteliste nach hinten rutschten.

Um zu vermeiden, dass sich Fälle wie diese wiederholen, wurde der Vorgang der Empfängerauswahl sicherer und transparenter gestaltet. Dazu gehören flächendeckende und unangekündigte Stichprobenprüfungen in den Transplantationszentren. Zudem sitzen heute auch Ärzte in der Transplantationskonferenz, die selbst keine Verbindung zur Transplantationsmedizin haben und somit unbefangen sind. Die Konferenz entscheidet über die Aufnahme von Patienten in die Warteliste für Organspenden.

Eine weitere Maßnahme ist die Auswahl der Ärzte, die den Hirntod eines Spenders erklären. Dazu befugt sind ausschließlich Ärzte, die weder an der Organentnahme noch der Übertragung der Organe beteiligt sind. Sie dürfen auch nicht der Weisung eines Arztes unterstehen, der daran beteiligt ist.

Der Organspende­ausweis

In einem Organspende­ausweis können Sie festhalten, ob Sie nach Ihrem Hirntod Organe und/oder Gewebe spenden möchten. Es ist möglich, im Organspende­ausweis zu bestimmen, welche Organe und Gewebe gespendet werden. Er ist nicht nur für Spender, sondern auch für all jene wichtig, die sich gegen die Organ- und Gewebespende entscheiden. Sie können mit dem Dokument ganz einfach der Spende widersprechen.

Wichtig zu wissen: Wer der Spende weder zustimmt, noch widerspricht, gilt in Deutschland nicht als Spender.

Übrigens ist es sinnvoll den Organspende­ausweis hin und wieder zu erneuern, z. B. bei einer Namensänderung oder dem Wechsel des Wohnsitzes. Zudem ist es ratsam, immer mal wieder zu überprüfen, ob die Angaben auf dem Ausweis noch mit den eigenen Wünschen übereinstimmen.

Das neue Organspende-Register

Die Digitalisierung des Gesundheits­wesens geht weiter: Seit dem 18. März 2024 gibt es eine zentrale Online-Datenbank für potenzielle Organspender. Im neuen Organspende-Register kann jeder freiwillig und kostenlos seine Entscheidung für oder gegen eine Organ- und Gewebespende festhalten. Der Eintrag kann jederzeit geändert oder widerrufen werden.

Aktuell ist die Erklärung zur Organspende mithilfe eines Personalausweises mit Online-Funktion und PIN (eID) möglich. Zwischen Juli und September soll die Registrierung auch mittels einer Gesundheits-ID erfolgen können. Diese erhalten Sie von Ihrer Kranken­kasse. Ab 1. Juli können Kranken­häuser laut Zeitplan dann die Erklärungen abzurufen, um im medizinischen Ernstfall ein Organ zu transplantieren.

Das elektronische Verzeichnis soll den Organspende­ausweis in Papierform ergänzen und helfen, die Spendebereitschaft zu erhöhen. Alternativ können Sie Ihre Entscheidung zur Organspende auch ganz einfach auf der Afilio-Notfallkarte hinterlegen.

Verreisen mit Organspende­ausweis
Gilt der Organspende­ausweis auch im Ausland?

Die BZgA rät Reisenden, sich vor der Reise mit der Organ- und Gewebespende im Reiseland auseinanderzusetzen. Schon innerhalb Europas gelten sehr unterschiedliche Regelungen zur Organspende. In vielen Ländern gelten Menschen automatisch als Organspender, es sei denn sie haben zu Lebzeiten ausdrücklich widersprochen.

Verstirbt ein Reisender in diesen Ländern, gelten auch für ihn die nationalen Regelungen – unabhängig von seiner Staatsangehörigkeit. Trotzdem ist es sinnvoll, den Organspende­ausweis mitzunehmen, am besten sogar in der Sprache des Reiselandes. Entsprechende Exemplare stellt die BZgA zum Download zur Verfügung.

Organspende in der Patienten­verfügung regeln

Die Bereitschaft zur Organspende können Sie auch über die Patienten­verfügung regeln. Hier können Sie detaillierte Angaben dazu machen, welche Organe und welches Gewebe Sie spenden möchten.

Doppelt hält besser? Das gilt nicht immer. Denn oftmals widersprechen sich die Angaben in der Patienten­verfügung und im Organspende­ausweis. Das ist besonders dann der Fall, wenn ein Patient Organe spenden möchte, aber in seiner Patienten­verfügung lebenserhaltende Maßnahmen ausschließt. Denn diese sind zwingend notwendig, um Spenderorgane zu erhalten, bis sie entnommen werden können.

Haben Sie beide Dokumente, achten Sie darauf, dass Ihre Patienten­verfügung dem Organspende­ausweis nicht widerspricht. Damit die Patienten­verfügung im Ernstfall allen Beteiligten schnell zugänglich ist, können Sie sie als AfilioPlus Mitglied auch im Zentralen Vorsorge­register (ZVR) registrieren lassen.

Zusätzlich können Sie eine Notfallkarte einrichten, mit der Sie, Ärzte oder Angehörige hinterlegte Dokumente ganz einfach jederzeit und von überall einsehen können.

Organspende regeln: In der Patienten­verfügung

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Häufig gestellte Fragen

Woher bekomme ich einen Organspende­ausweis?

Den Organspende­ausweis bekommen Sie z. B. bei Ihrem Hausarzt oder in Kranken­häusern. Sie können aber auch ganz einfach einen Organspende­ausweis bei der BZgA bestellen. Alternativ oder zusätzlich können Sie Ihre Erklärung im zentralen Organspende-Register hinterlegen.

Wie wird man in Deutschland Organspender?

Wer Organe spenden möchte, kann sich einen Organspende­ausweis besorgen und in diesem eintragen, welche Organe und welches Gewebe er spenden möchte. Eine andere Variante: Sie können auch in der Patienten­verfügung festlegen, dass Sie Organe spenden möchten. Grundsätzlich werden Organe nur dann entnommen, wenn der Hirntod zweifelsfrei festgestellt wurde.

Ist jeder Mensch Organspender?

In Deutschland sind Sie nur dann Organspender, wenn Sie dem ausdrücklich zustimmen, z. B. durch eine Patienten­verfügung oder eine Erklärung zur Organspende.

Quellen

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