Kurzzeitpflege: Anspruch, Voraussetzungen und Dauer

von Afilio
25.02.2021 (aktualisiert: 17.01.2022)
Das Wichtigste in Kürze:
  • Kurzzeitpflege stellt sicher, dass Betroffene in Ausnahmesituationen vorübergehend in einer stationären Einrichtung betreut werden, etwa nach einem Klinikaufenthalt oder wenn pflegende Angehörige vorübergehend ausfallen.
  • Kurzzeitpflege muss bei der Pflege­kasse beantragt werden, dafür stehen jährlich bis zu 1.774 Euro für einen Zeitraum von maximal acht Wochen zur Verfügung. Wird für einen längeren Zeitraum Unterstützung benötigt, können auch Leistungen der Verhinderungs­pflege als Kurzzeitpflege verrechnet werden.

Foto: Shutterstock/Quality Stock Arts

Was ist Kurzzeitpflege?

Kurzzeitpflege dient dazu, die Pflege eines Betroffenen in plötzlich eintretenden oder pflegeintensiven Situationen sicherzustellen. Sie hilft Pflege­bedürftigen und Angehörigen in Notfällen oder im Anschluss an einen Kranken­hausaufenthalt. Dazu können die Betroffenen für einen überschaubaren Zeitraum in einer stationären Einrichtung aufgenommen und betreut werden.

Pflege­kassen übernehmen für maximal 8 Wochen im Jahr oder bis zu einem Höchstbetrag von 1.774 Euro pro Jahr die Kosten. Die Kurzzeitpflege ist nicht mit der Verhinderungs­pflege zu verwechseln: Verhinderungs­pflege kann im Gegensatz zur Kurzzeitpflege auch zuhause durch einen Pflege­dienst erfolgen. Allerdings können beide Leistungen miteinander kombiniert, bzw. wechselseitig in Anspruch genommen oder mit einander verrechnet werden.

Wer hat Anspruch auf Kurzzeitpflege?

Anerkannte Pflege­bedürftige ab Pflege­grad 2 haben grundsätzlich Anspruch auf Kurzzeitpflege. Das gilt auch für Personen ohne Pflege­grad, die nach einem Kranken­hausaufenthalt oder einem Unfall auf Hilfe angewiesen sind. Betroffene mit Pflege­grad 1 können keinen Anspruch geltend machen, allerdings den sog. Entlastungsbeitrag (125 Euro mtl.) nutzen, um im Ernstfall für sehr kurze Zeit Kurzzeitpflege zu nutzen.

Antrag bei der Pflege­kasse

Kurzzeitpflege muss bei der Pflege­kasse beantragt und von ihr bewilligt werden. Die notwendigen Unterlagen für den Antrag erhalten Betroffene, Angehörige oder Betreuer ebenfalls bei der Pflege­kasse, bzw. privaten Pflege­versicherung des Betroffenen. Wer keinen Pflege­grad vorweisen kann, hat die Möglichkeit, einen Antrag bei seiner Kranken­kasse, bzw. zuständigen privaten Kranken­versicherung zu stellen. Betroffenen, die Unterstützung beim form- und fristgerechten Ausfüllen des Antrags benötigen, können sich ebenfalls an die zuständige Kasse oder Versicherung wenden. Oder auch Hilfe bei Pflege­diensten, dem zuständigen Sozialdienst im Kranken­haus oder einer Beratungsstelle suchen.

Was kostet Kurzzeitpflege?

Kurzzeitpflege verursacht Individualkosten, die vom jeweiligen Betreiber abhängen. Das sollten Betroffene und Angehörige berücksichtigen, wenn sie eine vorübergehende Unterbringung in einer stationären Einrichtung ins Auge fassen. Denn der gesetzliche Anspruch i. H. v. 1.774 Euro dient allein dazu, die Kosten der tatsächlichen Pflege­leistungen zu tragen. Für alle weiteren entstehenden Kosten - etwa für Unterbringung, Essen und Getränke und einberechnete Investitionskosten hingegen muss der Betroffene selbst aufkommen! Diese Kosten können je nach Anbieter und Bundesland variieren. Es ist möglich, den Kostenbeitrag für die Unterbringung auch mit den Mitteln aus dem Entlastungs­betrag (wenigstens anteilig) zu begleichen.

Diese Kosten müssen Betroffene selbst tragen:

  • Pflege­kosten: Also die Kosten der eigentlich geleisteten Pflege. Sie werden bis zum Höchstbetrag von der zuständigen Kasse gezahlt, werden weitere Leistungen notwendig, muss der Versicherte sie selbst übernehmen oder Mittel der Verhinderungs­pflege anteilig verrechnen - die Zustimmung der Pflege­kasse vorausgesetzt.
  • Hotelkosten: Auch die Unterbringung in einem Pflege­heim wird begrifflich häufig zu den “Hotelkosten” gerechnet. Sie umfasst die häusliche Unterbringung und die Kosten für Essen und Getränke. Diesen Kostenbeitrag müssen Betroffene selbst leisten.
  • Investitionskosten: In einer Reihe von Bundesländern können Pflege­heime ihre Instandhaltungskosten für Gebäude und Fuhrpark in Form sog. “Investkosten” oder Investitionskosten in Rechnung stellen.

Der tatsächlich zu entrichtende Gesamtbetrag richtet sich nach der Kalkulation der betreuenden Pflege­einrichtung. Ein entsprechender Vergleich der Tagessätze, bzw. ein Kostenvoranschlag kann dazu beitragen Kosten für Kurzzeitpflegemaßnahmen im Voraus abzuschätzen.

Alte Dame wird aus dem Krankenbett in den Rollstuhl gehoben
Gut betreut nach stationären Standards: Die Kurzzeitpflege sorgt für eine Rundumbetreuung in einem Pflege­heim, wenn vorübergehend keine häusliche Pflege möglich ist.

Welche Voraussetzungen gelten für Kurzzeitpflege?

Kurzzeitpflege überbrückt in der Regel folgende Situationen:

  • Pflege­bedarf tritt neu ein und Angehörige benötigen Zeit um die häusliche Umgebung an die neuen Anforderungen anzupassen, etwa bei Maßnahmen zur Wohnraum­anpassung für Barrierefreiheit u.ä.
  • ein Pflege­bedürftiger benötigt nach einem Kranken­hausaufenthalt vorübergehend intensive pflegerische Betreuung, die zum gegebenen Zeitpunkt nicht in häuslicher Umgebung geleistet werden kann.
  • eine ältere, alleinstehende Person muss nach Krankheit oder Unfall für eine bestimmte Zeit intensiv gepflegt werden.
  • der Grad der Pflege­bedürftigkeit einer Person steigt kurzfristig an – um dem erhöhten Pflege­bedarf gerecht zu werden, ersetzt die Kurzzeitpflege vorübergehend die häusliche Pflege.
  • Angehörige können aufgrund eigener Erkrankung vorübergehend keine Pflege leisten.
  • Der Pflege­bedürftige muss zur optimalen Versorgung perspektivisch stationär untergebracht werden – die Wartezeit auf einen freien Platz im Pflege­heim kann im Rahmen der Kurzzeitpflege überbrückt werden.

Wer kann Kurzzeitpflege auch ohne Pflege­grad erhalten?

Anders als früher können heute auch Personen ohne Pflege­grad (früher Pflege­stufe) Maßnahmen zur Kurzzeitpflege in Anspruch nehmen. Seit 2016 kann Kurzzeitpflege auch genutzt werden, um die Folgen eines Unfalls oder einer Krankheit aufzufangen, wenn plötzliche Pflege­bedürftigkeit auftritt. Sie dient dann dazu, einen versorgungstechnischen Engpass zeitweise zu überbrücken. Aus demselben Grund wird Kurzzeitpflege ohne Pflege­grad auch nicht von der Pflege­kasse, sondern als Leistung des SGB V von der zuständigen Kranken­kasse des Betroffenen finanziert. Genau wie bei Pflege­bedürftigen betrifft das jedoch nur die eigentlichen Pflege­kosten, darüber hinausgehende Kosten für Unterbringung, Verpflegung und Investitionen muss der Betroffene selbst tragen.

Was ist der Unterschied zwischen Kurzzeitpflege und Verhinderungs­pflege?

Pflege­bedürftige mit anerkanntem Pflege­grad können bis zu 56 Tage lang Leistungen der Kurzzeitpflege in Anspruch nehmen. Darüber hinaus haben sie Anspruch auf Verhinderungs­pflege. Allerdings unterscheiden sich beide Leistungen in bestimmten Punkten:

  • Kurzzeitpflege wird in einer stationären Einrichtung geleistet, Verhinderungs­pflege erfolgt im häuslichen Umfeld des Betroffenen. Die Verhinderungs­pflege ersetzt also für einen begrenzten Zeitraum pflegende Angehörige. Die Kurzzeitpflege hingegen sorgt für vollständige pflegerische Betreuung in einem professionellen Rahmen. Verhinderungs­pflege kann auch von Angehörigen oder Bekannten geleistet werden, Verhinderungs­pflege erfolgt allein durch das Personal des Einrichtungsbetreibers.
  • Für Verhinderungs­pflege steht ein jährlicher Gesamtbetrag von 1612 Euro zur Verfügung, der in einem Zeitraum von bis zu sechs Wochen im Jahr abgerufen werden kann.
  • Kurzzeitpflege kann jederzeit beantragt werden, Verhinderungs­pflege kann erst genutzt werden, wenn die zuständige Pflege­person wenigstens sechs Monate zuvor Pflege geleistet hat.

Kurzzeitpflege und Verhinderungs­pflege kombinieren

Kurzzeitpflege und Verhinderungs­pflege können auch miteinander kombiniert werden, denn der Anspruch auf beide Leistungen besteht ja unabhängig voneinander. Wird der jährliche Anspruch auf Verhinderungs­pflege nicht vollständig genutzt, kann das verbleibende Kontingent für Kurzzeitpflege genutzt werden. Auf diese Weise können bis zu acht Wochen Kurzzeitpflege geleistet werden - wenn die kombinierten Mittel dafür ausreichen. Allerdings kann jeweils nur der halbe Höchstbetrag einer Leistung der anderen zugerechnet werden: Der maximale Betrag liegt dann bei 2580 Euro pro Jahr. Damit allerdings ist der Anspruch auf Verhinderungs­pflege auch aufgebraucht. Kosten, die das jährliche Budget der Pflege­kassen übersteigen, müssen von den Pflege­bedürftigen selbst bezahlt werden. Kann der Pflege­bedürftige diese Kosten nicht selbst tragen, übernimmt das Sozialamt die Kosten, nur wenn der Versicherte die Kosten nicht auch aus seinem Vermögen bestreiten könnte!

Dieses Prinzip lässt sich auch umkehren: Ungenutzte Kurzzeitpflegeleistungen lassen sich auch für die Verhinderungs­pflege nutzen.

Quellen

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