Verhinderungs­pflege: Vertretung für pflegende Angehörige

von Franziska Saß
25.02.2021 (aktualisiert: 25.02.2021)
Das Wichtigste in Kürze:
  • Die Verhinderungs­pflege wird auch Ersatzpflege genannt – es handelt sich um eine Urlaubs- oder Kranken­vertretung für pflegende Angehörige.
  • Die Pflege­versicherung unterstützt sie mit einem maximalen Zuschuss in Höhe von 1.612 Euro im Jahr. Die Verhinderungs­pflege steht Pflege­bedürftigen ab Pflege­grad 2 für maximal 42 Tage im Jahr zu.

Was ist Verhinderungs­pflege?

Wer Tag für Tag häusliche Pflege leistet, braucht hin und wieder eine Auszeit: Die Verhinderungs­pflege ermöglicht es pflegenden Angehörigen, die Pflege für eine betroffene Person auch dann sicherzustellen, wenn sie selbst in den Urlaub fahren, eigene Termine wahrnehmen oder sich für die Pflege weiterbilden. Damit die Verhinderungs­pflege gewährleistet werden kann, steht Pflege­bedürftigen ab Pflege­grad 2 ein finanzieller Zuschuss zu. Die Pflege­kasse übernimmt pro Kalenderjahr für bis zu sechs Wochen die Kosten der Verhinderungs­pflege. Maximal 1.612 Euro zahlt sie pflegebedürftigen Personen. Die Ersatzpflege kann eine angehörige Pflege­person leisten, aber auch Ehrenamtlichen dürfen einspringen. Finden Angehörige und Betroffene im näheren Umkreis niemanden, der die Verhinderungs­pflege übernehmen kann, können sie auch einen ambulanten Pflege­dienst beauftragen.

Wann kann Verhinderungs­pflege beantragt werden?

Verhinderungs­pflege können Sie aus mehreren Gründen beantragen. Mögliche Gründe, die die Pflege­kasse zur Leistung von Ersatzpflege anerkennt, sind:

  • Erholung von psychischer und physischer Belastung durch die Pflege­tätigkeit
  • Krankheit und/oder Reha
  • Urlaub
  • Freizeitaktivitäten, z. B. ein Kino- oder Theaterbesuch
  • Fortbildungsmaßnahmen, z. B. die Teilnahme an einem Pflege­kurs

Die Angabe eines Grundes ist nicht zwingend notwendig, um Verhinderungs­pflege beantragen zu können, ausschlaggebend sind andere Voraussetzungen:

  • Die pflegebedürftige Person muss zu Hause gepflegt werden – und das seit mindestens sechs Monaten. Dieser Zeitraum wird auch als Vorauspflege bezeichnet.
  • Der oder die Pflege­bedürftige muss einen anerkannten Pflege­grad 2, Pflege­grad 3, Pflege­grad 4 oder Pflege­grad 5 vorweisen können.
Gut zu wissen
In diesem Fall haben Sie Anspruch

Verhinderungs­pflege können Sie nur beantragen, wenn die Pflege im Alltag tatsächlich von Angehörigen geleistet wird. Die Kasse bewilligt sie nicht, wenn die ein Pflege­dienst im Normalfall die Pflege übernimmt.

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Gut im Ernstfall: Verhinderungs­pflege kann auch von bekannten Privatpersonen geleistet werden.

Wie lange können Sie Verhinderungs­pflege in Anspruch nehmen?

Verhinderungs­pflege können Sie maximal für sechs Wochen im Jahr beanspruchen. Sie kann dabei auch Aufgaben einer 24-Stunden-Pflege übernehmen. Angesichts des derzeitigen Pflege­notstands bedienen sich immer mehr Betroffene dabei auch ausländischer Pflege­kräfte. Verhinderungs­pflege müssen Sie nicht am Stück in Anspruch nehmen, entsprechende Pflege­kräfte können auch stundenweise pflegen. Wichtig ist, dass die Pflege­zeit für eine einzelne Pflege­person acht Stunden pro Tag nicht übersteigt.

Wie hoch ist der Erstattungsbetrag?

Betroffene ab Pflege­grad 2 können sich bis zu 1.612 Euro im Jahr für Verhinderungs­pflege erstatten lassen. Übernimmt ein Verwandter bis zum 2. Verwandtschaftsgrad die Ersatzpflege, wird die Kostenerstattung auf das 1,5-fache Pflege­geld beschränkt. Das gilt auch für Personen, die ohnehin mit dem Pflege­bedürftigen in einem Haushalt leben. Möglich ist es dann, einen etwaigen Verdienstausfall oder auch Fahrtkosten für Arztbesuche oder Besorgungen für die gepflegte Person geltend zu machen. Doch auch dann gilt der Höchstbetrag von 1.612 Euro.

Welche Kosten erstattet die Pflege­kasse?

Verhinderungs­pflege ist als Ersatzmaßnahme nicht auf Dienstleistungen professioneller Anbieter angewiesen. Auch Privatpersonen, wie Bekannte oder Ehrenamtliche können sie ausüben. Regulär können Sie folgende Kosten gegenüber der Pflege­kasse geltend machen:

  • Kosten für Pflege durch einen ambulanten Pflege­dienst
  • Kosten für die zeitweise Unterbringung in einer stationären Pflege­einrichtung oder einem Pflege­heim
  • Kosten für die Leistung der Ersatzpflegeperson
  • Fahrtkosten bei ersatzweise pflegenden Privatpersonen
  • Verdienstausfall bei ersatzweise pflegenden Privatpersonen
Wer kommt als Ersatzpfleger in Frage?
So finden Sie die richtige Vertretung

Grundlegende Voraussetzung für die Eignung pflegender Personen ist ihre physische wie psychische Gesundheit. Bei der Abrechnung der Pflege­leistung wird zwischen nahen und entfernten Verwandten sowie externen Pflege­dienstleistern unterschieden. Folgende Personen und Einrichtungen dürfen Verhinderungs­pflege übernehmen:

  • karitative Einrichtungen
  • ambulante Pflege­dienste
  • Tagespflegeeinrichtungen
  • Pflege­fachkräfte
  • Haushaltshelfer
  • entfernte Verwandte
  • Freunde
  • ehrenamtliche Pflege­r

Wie können Sie Verhinderungs­pflege beantragen?

Leistungen zur Verhinderungs­pflege können Sie bei der Pflege­versicherung beantragen. Ein Anspruch auf Verhinderungs­pflege besteht, wenn die Versorgung eines Pflege­bedürftigen mit mindestens Pflege­grad 2 über einen bestimmten Zeitraum nicht von einer festen Pflege­person gewährleistet werden kann. Da eine solche Situation auch kurzfristig eintreten kann, etwa wenn die Pflege­person erkrankt, können Sie die Verhinderungs­pflege auch ohne einen Antrag in Anspruch nehmen.

Wie wird Verhinderungs­pflege abgerechnet?

Es genügt, wenn Betroffene die Ausgaben für Leistungen der Verhinderungs­pflege mit Belegen dokumentieren und mit dem entsprechenden Antrag rückwirkend bei der Pflege­versicherung einreichen. Pflege­bedürftige und/oder Angehörige sollten zum Einreichen des Belegs ein standardisiertes Formular der Pflege­kasse nutzen. Formular und Beleg werden gemeinsam mit dem Antrag auf Verhinderungs­pflege persönlich oder per Post bei der Pflege­kasse eingereicht. Sinnvoll ist es, von jedem Antrag und den zugehörigen Belegen eine Kopie für die eigenen Unterlagen anzufertigen. Ein Pflege­tagebuch mit Zeiten und Zuständigkeiten ist ebenfalls zu empfehlen. Bei der Beantragung gelten darüber hinaus Verjährungsfristen. Diese betragen bei Sozialleistungen, zu denen die Verhinderungs­pflege gehört, vier Jahre. So lange können Sie die Kostenübernahme rückwirkend beantragen. Sämtliche gesetzlichen Vorschriften für Verhinderungs­pflege sind in § 39 SGB XI geregelt.

Info: Wenn Sie noch mehr über die gesetzlichen Regelungen erfahren möchten, finden Sie weitere Informationen in unserem Beitrag Gesetze zur Pflege: Die rechtlichen Grundlagen.

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Verhinderungs­pflege stellt sicher, dass pflegebedürftige Menschen auch dann optimal versorgt sind, wenn der pflegende Angehörige erkrankt oder in den Urlaub fährt.

Zahl die Pflege­kasse während der Verhinderungs­pflege weiterhin Pflege­geld?

Wer die Unterstützung der Pflege­versicherung für die Verhinderungs­pflege in Anspruch nimmt, verliert nicht seinen Anspruch auf Pflege­geld. Dieses wird weiterhin gezahlt, allerdings nicht immer in voller Höhe. Ist die Pflege­person nur stundenweise und weniger als 8 Stunden am Tag verhindert, zahlt die Pflege­kasse das Pflege­geld weiterhin voll aus. Fällt die Pflege­person hingegen für einen längeren Zeitraum aus, zahlt die Pflege­kasse nur ein Pflege­geld in Höhe von 50 Prozent der bisher bezogenen Leistungen.

Was ist der Unterschied zwischen Verhinderungs­pflege und Kurzzeitpflege?

Versicherte können innerhalb eines Kalenderjahres Kurzzeitpflege und Verhinderungs­pflege in Anspruch nehmen. Beide Versorgungsansprüche bestehen unabhängig voneinander und unterstützen bei der Pflege in unterschiedlichen Fällen:

  • Verhinderungs­pflege dient dazu, die Pflege im gewohnten Umfeld des Betroffenen fortzusetzen, wenn der hauptsächlich pflegende Angehörige aufgrund von Urlaub, Krankheit oder aus anderen Gründen stundenweise oder für mehrere Tage ausfällt.
  • Kurzzeitpflege erfolgt in der Regel in einer stationären Einrichtung oder Tagespflegeeinrichtung. Die Kurzzeitpflege kommt nicht nur zum Einsatz, wenn die pflegende Person ausfällt, sondern auch, wenn Betroffene stationär gepflegt werden müssen, z. B. nach einem Kranken­hausaufenthalt.
Gut zu wissen
Ansprüche klug kombinieren

Den halben Leistungsanspruch für die Kurzzeitpflege können Sie auch für die Verhinderungs­pflege nutzen. Damit stehen zusätzlich bis zu 806 Euro pro Kalenderjahr für die Pflege zur Verfügung. Wer die Leistungen kombiniert, bekommt somit bis zu 2.418 Euro für die Zeit der Verhinderungs­pflege. Übrigens funktioniert das auch andersherum: Wer seine Verhinderungs­pflege nicht voll nutzt, kann den Rest des Geldes in die Kurzzeitpflege investieren.

Quellen

Franziska Saß

Franziska Saß ist seit April 2020 Content Managerin bei Afilio. Die studierte Journalistin hat über mehrere Jahre frei für verschiedene Tageszeitungen geschrieben und war anschließend in verschiedenen Unternehmen im Content Management tätig. Bei Afilio schreibt sie vor allem Ratgeberartikel zu wichtigen Vorsorge­dokumenten, Versicherungen und Pflege.

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