Schweigepflicht: Was Ärzte nicht erzählen dürfen


- Die Schweigepflicht ist die Pflicht zur Verschwiegenheit, weshalb sie synonym auch als Verschwiegenheitspflicht bezeichnet wird.
- Wer dagegen verstößt, muss mit empfindlicher Geld- oder Freiheitsstrafe rechnen.
- Es ist möglich, Ärzte und andere Geheimnisträger von der Schweigepflicht zu entbinden – z. B. im Rahmen einer Vorsorgevollmacht.
Unter dem Begriff Schweigepflicht wird die Pflicht zur Verschwiegenheit verstanden, weshalb die Schweigepflicht synonym auch als Verschwiegenheitspflicht bezeichnet wird. Im Strafgesetzbuch (StGB) wird die Schweigepflicht als Verbot der Offenbarung von Privatgeheimnissen bezeichnet. Wer zur Schweigepflicht verpflichtet ist und dagegen verstößt, muss mit Geld- oder Freiheitsstrafe rechnen.
Wer unterliegt der Schweigepflicht?
Berufsgruppen, die einer rechtlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen, dürfen keine ihnen anvertrauten Informationen an Dritte weitergeben; sie sind sogenannte Geheimnisträger. Geheimnisherr ist hierbei diejenige Person, die sich dem Geheimnisträger anvertraut, wie z. B. der Patient oder Klient, der sich dem Arzt oder Anwalt anvertraut.
Bei Verletzung der Schweigepflicht drohen empfindliche Strafen
Die Berufsgruppen der Ärzte, Apotheker, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Verteidiger, Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer oder Steuerberater und deren Gehilfen sind dem Berufsgeheimnis verpflichtet. Der Verstoß gegen das Berufsgeheimnis ist gemäß §§ 203, 204 StGB eine Straftat und wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe geahndet. Liegt eine unbefugte Verwertung fremder Geheimnisse vor, droht sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe; die Verfolgung geschieht gemäß § 205 StGB nur nach Strafantrag. Angehörige dieser Berufsgruppe dürfen keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse sowie fremde oder namentlich zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis weitergeben.

Warum ist die Schweigepflicht wichtig?
Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Volkszählungsgesetz von 1983 das Recht auf informationelle Selbstbestimmung etabliert, das "(...) die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen" (BVerfG 1983, S. 1) garantiert und damit gleichzeitig datenschutzrechtliche Bestimmungen neu definiert. Das Gesetz, das auch unter dem Namen „Volkszählungsurteil“ bekannt wurde, legte den Grundstein für die datenschutzrechtliche Selbstbestimmung in Deutschland und ist Ausdruck des Grundrechts auf eine freie Persönlichkeitsentfaltung. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht gewährt dem Einzelnen die Hoheit darüber, welche persönlichen Daten in welchem Umfang verwendet und veröffentlicht werden dürfen (Artikel 2 Absatz 1; Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz). Ferner wurde festgelegt, dass „Beschränkungen dieses Rechts […] nur im überwiegenden Allgemeininteresse und aufgrund einer verfassungsmäßigen gesetzlichen Grundlage zulässig [sind]“ – der Gesetzgeber muss Sorge tragen, dass Verletzungen des Persönlichkeitsrechts durch organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen im Vorfeld verhindert werden. Des Weiteren ist der Grundsatz der Zweckbindung persönlicher Daten zu beachten.
Weiterführende Informationen zum deutschen Gesetz über eine Volks-, Berufs-, Wohnungs- und Arbeitsstättenzählung finden Sie bei Gesetze im Internet.
Wann endet die Schweigepflicht?
Ärzte unterliegen der Schweigepflicht und bewahren die Informationen, die Patienten ihnen anvertrauen. Unter bestimmten Umständen kann es jedoch sinnvoll oder notwendig sein, das Versprechen zur Verschwiegenheit zu brechen.
Wann darf ein Arzt die ärztliche Schweigepflicht brechen?
Die ärztliche Schweigepflicht gilt auch gegenüber den Angehörigen des behandelten Patienten – sogar über dessen Tod hinaus. Patienten können ihren Arzt von seiner Schweigepflicht entbinden, dafür bedarf es nicht zwingend der Schriftform, eine mündliche Entbindung der Schweigepflicht reicht aus. Die Schweigepflicht gilt nicht nur für Hausärzte, sondern auch für Amts- oder Betriebsärzte: Die Patienten müssen vor der Herausgabe von Daten einwilligen. Ein Betriebsarzt darf ohne Einwilligung keine Untersuchungsergebnisse vom Mitarbeiter an den Chef weitergeben.
Vorsorge ist besser als Nachsorge – entlasten Sie Ihre Angehörigen und regeln Sie frühzeitig, wer im Fall von Krankheit oder Unfall über Ihren Gesundheitszustand in Kenntnis gesetzt werden soll. Ein sicherer Weg ist, dies über eine Vorsorgevollmacht zu tun. Mit der Vorsorgevollmacht werden Ärzte von der Schweigepflicht entbunden. Sie entscheiden dabei, wer unter welchen Umständen berechtigt ist, Auskünfte der Ärzte zu erhalten.
Die Schweigepflicht darf in bestimmten Situationen auch bei mutmaßlichem Einverständnis gebrochen werden. Fällt ein Patient in Ohnmacht, geht der behandelnde Arzt davon aus, dass es im Sinne des Patienten ist, dass die Angehörigen darüber in Kenntnis gesetzt werden. Auch bei einer nachträglichen Feststellung der Testierfähigkeit nach dem Tod eines Patienten kann von einem mutmaßlichen Einverständnis ausgegangen werden.
Strafprozess: Zeugnisverweigerungsrecht hat mehr Gewicht als Wahrheitsfindung
Auch in einem Strafprozessverfahren dürfen Ärzte nicht so einfach Informationen über ihre Patienten offenlegen. Ihnen steht das Recht der Zeugnisverweigerung zu. Das bedeutet, dass die Schweigepflicht auch nicht zu Gunsten der Aufklärung einer Straftat gebrochen werden darf – wobei ein Notstand im Laufe eines Gerichtsverfahrens das Brechen der Schweigepflicht rechtfertigt. Ein Notstand tritt z.B. dann ein, wenn ein Verbrechen durch Preisgabe der Patientendaten verhindert werden kann oder anderweitig Gefahr in Verzug ist.

Schweigepflichtsentbindung: So heben Sie die Schweigepflicht auf
Es gibt Situationen, in denen es im Interesse des Patienten und seiner Angehörigen ist, dass Ärzte Auskunft geben. Weniger bei allgemeinen Krankheitsbildern, dafür fast immer im akuten Ernstfall, wenn der Betroffene nicht mehr in der Lage ist, seine eigenen Bedürfnisse zu äußern. Dann muss die Schweigepflicht ausdrücklich aufgehoben werden. Das sollte idealerweise rechtssicher und umfänglich im Rahmen einer weitergehenden Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht geschehen. Weitergehende Informationen darüber, wann eine Schweigepflichtsentbindung sinnvoll ist, erhalten Sie auch in unserer Checkliste Krankenhausaufenthalt.
Das muss die Entbindung von der Schweigepflicht enthalten
Möchten Sie Ihren Arzt von der Schweigepflicht im Ernstfall entbinden, dann können Sie das entweder im Rahmen einer umfänglichen Vorsorgelösung tun (etwa der Vorsorgevollmacht), oder indem Sie eine explizite Schweigepflichtsentbindung aufsetzen. Damit sie rechtssicher ist, muss sie Ihren vollständigen Namen, Ihr Geburtsdatum und den Namen des von der Schweigepflicht entbundenen Arztes im Dokument enthalten. Außerdem müssen Sie ausdrücklich vermerken, wer Auskünfte von Ihrem behandelnden Arzt, bzw. Ihren behandelnden Ärzten erhalten darf. Gegebenenfalls erwähnen Sie den Zweck der Schweigepflichtsentbindung, falls die Erklärung nur zweckgebunden gültig sein soll. Von entscheidender Bedeutung ist die eigenhändige Unterschrift: Unterschreiben Sie Ihre Einwilligung mit aktuellem Datum – so kann der Arzt sicher sein, dass die Schweigepflichtentbindung Ihrem aktuell gültigen Willen entspricht. Wenn Sie ganz sicher gehen wollen, sollten Sie das Schriftstück regelmäßig, am besten jährlich überprüfen und ggf. Änderungen oder Ergänzungen vornehmen und wiederum mit Angbe von Datum und Ort unterschreiben.
Schweigepflichtsentbindung Muster oder Vorlage
Der sicherste Weg zur rechtsgültigen Schweigepflichtsentbindung führt über die Vorsorgevollmacht – wir unterstützen Sie dabei, Ihren Willen für die wichtigen Entscheidungen im Leben rechtswirksam zu dokumentieren. Wenn Sie unabhängig davon eine separate Schweigepflichtsentbindung aufsetzen möchten, können Sie dafür die folgende Formulierungshilfe verwenden. So könnte ein wirksames Dokument zur Schweigepflichtentbindung aussehen:
[Betreff] Ich [Ihr Name, Anschrift, Geburtsdatum] entbinde den folgenden Arzt / die folgenden Ärzte [Name des Arztes / der Ärzte, Anschrift] von ihrer Schweigepflicht gegenüber [Namen, Anschriften und Geburtsdaten Ihrer Angehöriger oder Freunde] und erkläre mich damit einverstanden, dass mein Gesundheitszustand unter Bezugnahme ärztlicher Befunde mitgeteilt wird. Mir ist bekannt, dass ich diese Einwilligung zur Schweigepflichtsentbindung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen kann. [Ort, Datum] [eigenhändige Unterschrift]
Häufig gestellte Fragen
Ärzte und medizinisches Personal dürfen die Schweigepflicht nur in besonderen Fällen brechen, z. B. wenn sie mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen können, dass ihr Patient dies gewollt hätte. Ist der Patient bewusstlos und wird in ein Krankenhaus gebracht, können die Ärzte vor Ort davon ausgehen, dass sie die Angehörigen über seinen Zustand informieren sollten. Ein anderer Fall, in dem ein Arzt seine Schweigepflicht brechen darf, besteht, wenn Gefahr für den Patienten und andere besteht, weil dieser z. B. ein Verbrechen plant.
Alle Daten, die im Rahmen der Schweigepflicht nicht herausgegeben werden dürfen, unterliegen auch dem Datenschutz. Dabei handelt es sich um alle personenbezogenen Daten. Dazu gehören z. B.:
- Vollständiger Name
- Adresse
- Kontaktdaten
- Informationen zu Diagnosen und Befunden