Berliner Testament: Muster und wichtigste Fakten

von Afilio
10.09.2019 (aktualisiert: 16.06.2021)
Das Wichtigste in Kürze:
  • Beim Berliner Testament setzen sich Ehegatten gegenseitig als Alleinerben ein. Die gemeinsamen Kinder erben ihren Anteil erst, wenn beide Eltern verstorben sind.
  • Unsere Vorlage dient als Beispiel für ein Berliner Testament. Sie zeigt, welche Informationen enthalten müssen und wie eine solche Nachlass­regelung aufgebaut ist.
  • Für eine eigene Nachlass­regelung sollten Sie allerdings eine eigene, individuelle Verfügung aufsetzen, die zu Ihrer persönlichen Situation passt und die Punkte abdeckt, die Ihnen wichtig sind.
Beispielvorlage

Hinweis: Es handelt sich lediglich um eine Beispielvorlage zur Anschauung.

Das Berliner Testament ist eine Sonderform des gemeinschaftlichen oder Ehegattentestaments, das in erster Linie von Verheirateten mit Kindern genutzt wird. Beim Berliner Testament setzen sich beide Eheleute gegenseitig als Alleinerben, bzw. Vollerben mit dem Ziel ein, den gemeinsamen Nachlass erst dann den gemeinsamen Kindern zu vererben, wenn auch der letzte der beiden Partner verstirbt - die Kinder werden dann zu Schlusserben.

Warum ein Berliner Testament aufsetzen?

Jede Testament greift in die gesetzliche Erbfolge ein. Und nach gesetzlicher Erbfolge haben Verwandte, insbesondere die eigenen Kinder, aber auch der eigene Ehepartner ein gesetzliches Erbrecht. Wieviel der verheiratete Partner erbt, hängt ohne testamentarische Regelung davon ab, welchen Güterstand beide Partner vereinbart haben und von der Anzahl der gemeinsamen Kinder.
Lebt ein Ehepaar im -üblichen- gesetzlichen Güterstand der Zugewinn­gemeinschaft und hat es gemeinsame Kinder, dann sind der hinterbliebene Ehegatte und die Kinder gemeinsam je zur Hälfte Erben.

Wenn es nun darum geht, den gemeinschaftlichen Nachlass in (z.B. in einer Erben­gemeinschaft) zu verteilen, wird es im Detail häufig kompliziert. Das gilt vor allem, wenn beide Eheleute in einer gemeinsamen Immobilie gelebt haben und sonst keine bedeutenden Vermögenswerte vorhanden sind. Denn das Elternhaus ist Teil der Erbmasse und muss anteilig zwischen allen berechtigten Erben aufgeteilt werden. Im schlimmsten Fall muss dann der einstige Familienwohnsitz versilbert werden, um alle Erben gleichberechtigt auszuzahlen.

Etwa für solche Situationen ist das Berliner Testament eine Möglichkeit zur Nachlass­regelung - es verhindert, dass das gemeinsame Vermögen zerschlagen wird - und schafft eine verlässliche Absicherung für den länger lebenden Partner.

Berliner Testament: Unterschrift auf Dokument
Auch beim Ehegattentestament, bzw. Berliner Testament unverzichtbar: Die eigenhändige Unterschrift

Vorteile des Berliner Testaments:

  • Es sichert den verbleibenden Ehegatten nach dem Tod des Erstverstorbenen.
  • Es verhindert mögliche Auseinandersetzungen mit den eigenen Kindern.

Was gilt beim Pflichtteil?

Das Berliner Testament hebt keinen Pflichtteils­anspruch auf. Er gilt auch bei Erstellung eines Berliner Testaments., obwohl es de facto, darum geht, die eigenen Kinder vorläufig vom Erbe auszunehmen.
Darum ist es gerade beim Berliner Testament ratsam, alle berechtigten Erben rechtzeitig ins Boot zu holen: Denn natürlich können die eigenen Kinder auch hier ihren Pflichtteil einfordern - damit allerdings hebeln sie nicht nur den Grundgedanken aus, den verbleibenden Elternteil abzusichern. Sie verursachen auch genau die Schwierigkeiten, die ja vermieden werden sollten; etwa wenn der letzte Elternteil in der gemeinsamen Immobilie der Eltern lebt und keine Alternative zum Hausverkauf im Raum steht, um alle Erben auszuzahlen.

Hält den Nachlass zusammen: Die Pflichtteils­strafklausel

Wer vermeiden möchte, dass der Pflichtteils­anspruch der eigenen Nachlass­regelung in die Quere kommt, ist mit einer Pflichtteils­strafklausel im Berliner Testament gut beraten. Sie soll die eigenen Kinder davon abhalten, ihren Anspruch auf einen Pflichtteil geltend zu machen. Dazu wird eine Klausel in das Testament eingefügt, die folgende Regelung für den Fall fixiert, dass ein Kind seinen Pflichtteil einfordert: Zwar erhält das Kind dann seinen Pflichtteil, allerdings wird ausgeschlossen, dass es nach dem Tod des zweiten Elternteils Schlusserbe werden kann – das Kind enterbt sich mit dieser Regelung also wenigstens in Teilen selbst. Denn es erhält ja im ersten Erbfall maximal die Hälfte des Erbes (bei mehreren Kindern natürlich anteilig weniger), und verwirkt dann sein Recht darauf, beim Tod des zweiten Elternteils nochmal Erbe zu werden.

Eine geeignete Formulierung kann wie folgt aussehen:

"Verlangt eines unserer Kinder beim Tod des Erstversterbenden seinen Pflichtteil, wird es selbst genauso wie seine seine Abkömmlinge nicht Erbe des Letztversterbenden.

Alle anderen Schlusserben, die keinen Pflichtteil verlangt haben, erhalten aus dem Nachlass des Erstversterbenden Geldvermächtnisse in Höhe ihres gesetzlichen Erbteils auf Ableben des Erstversterbenden, wie wenn dieser erst beim Tod des Längstlebenden verstorben wäre. Diese Geldvermächtnisse fallen jedoch erst mit dem Tod des Längstlebenden an, und das nur an diejenigen Bedachten, die zu diesem Zeitpunkt noch am Leben sind."

Eine derartige Pflichtteils­klausel stellt sicher, dass dasjenige Kind, das seinen Pflichtteil einfordert, im Endergebnis gleichgestellt wird mit denjenigen, die diesen Anteil nicht beanspruchen. Denn durch Geldvermächtnisse für alle anderen Erben wird die Erbmasse insgesamt so weit reduziert, dass dem Kind kein oder nur ein möglichst geringer Vorteil entsteht. Inhaltlich bestimmt die Klausel, dass mit der Forderung unmittelbar ein De-Facto-Pflichtteil für alle Kinder gesichert wird. Diese sogenannte Jastrow'sche Klausel soll verhindern, dass ein Kind einen Vorteil erlangt, wenn es beim Tod des Erstversterbenden und des Letztversterbenden jeweils sein Pflichtteil einfordert. Denn sonst hätte es keine spürbaren Konsequenzen, wenn ein Kind gegen den auferlegten Verzicht auf den Pflichtteil verstößt.

Weitere mögliche Ausnahmeregelungen

Auch weitere Klauseln lassen sich im Berliner Testament einfügen, um einzelne Aspekte der letztwilligen Verfügung zu ändern. Die bekanntesten sind:

  • Salvatorische Klausel: Sie stellt sicher, dass das Testament im Ganzen wirksam bleibt, auch wenn eine einzelne Textstelle unwirksam ist. Die Salvatorische Klausel findet auch bei vielen anderen Vertragsgestaltungen Anwendung.
  • Wiederverheiratungsklausel: Mit einer solchen Klausel können Eheleute verhindern, dass ein neuer Ehepartner einen Erbanspruch am Vermögen des zuerst Verstorbenen erhält, falls der länger lebende Partner nochmal heiratet.
  • Freistellungsklausel: Sie kann genutzt werden, um dem länger lebenden Partner das Recht zu geben, die gemeinschaftlich aufgesetzten Verfügungen nachträglich noch zu ändern und die Bindungswirkung des Testaments zu reduzieren.
  • Sozinische Klausel: Die Sozinische Klausel verschärft die Bindungswirkung des Berliner Testaments. Sie bestimmt, dass ein möglicher Erbe seinen Erbanspruch einbüßt, wenn er sich nicht an die festgehaltenen Verfügungen hält. Allerdings ist die Sozinische Klausel immer wieder Anlass von Rechtsstreitigkeiten von Erbparteien.

Nachteile: Ist das Berliner Testament zu Recht so beliebt?

Während das Berliner Testament bei kleineren Vermögen und unkomplizierten Familienkonstellationen widerspruchsfrei im Sinne seiner Verfasser funktionieren kann, birgt es auch eine Reihe von Risiken:

  • Erbschaftsteuer: Die Enterbung der Kinder im ersten Erbfall macht sich bei Übersteigen der Freibetragsgrenze sehr schnell vor allem für den Staat bezahlt. Denn pro Erbfall hat jedes Kind Anspruch auf einen Erbschaftssteuerfreibetrag von 400.000 Euro, der beim Berliner Testament allerdings vollständig unausgeschöpft bleibt, denn das Erbe geht ja zunächst allein auf den verbleibenden Elternteil über. In vielen Fällen mit größeren Vermögen und Immobilienbesitz ist eine Schenkung mit eingetragenem Nießbrauch für den Schenkenden die steuerlich günstigere Variante.
  • Pflichtteils­anspruch: Wie oben erklärt - der Pflichtteils­sanspruch besteht de jure fort. Ist diese Konstellation nicht bereits zu Lebzeiten des Erblassers mit den eigenen Kindern geklärt worden, kann es vorkommen, dass diese die vorläufige Enterbung als Affront auffassen und auf ihrem Pflichtanteil bestehen. Selbst wenn sich dieses Vorgehen gütlich umgehen lässt, kann die Einsetzung eines Berliner Testaments zu familiären Komplikationen führen.
  • Bindungswirkung: Das Berliner Testament entfaltet auf vielen Ebenen Bindungswirkung, die über den Tod des einen Partners hinausgeht und den anderen immer mit einschließt. Über diese weitreichende Form der testamentarischen Verfügung sollten sich beide Partner im Klaren sein.
  • Familienbezug: Während das gemeinschaftliche Testament in der “klassischen” Familie zumindest in der Frage der Beteiligten keine Unklarheiten aufkommen ließ, sind seiner Sinnhaftigkeit in modernen Zeiten Grenzen gesetzt: Ein Berliner Testament ist in Patchworkfamilien genauso impraktikabel wie bei Wiederverheiratung, bzw. nicht-gemeinsamen Kindern. Aber auch ein überschuldeter Nachlass ist nicht geeignet, um einen Partner abzusichern – im Gegenteil. Ebenso sollte bei der Versorgung behinderter Kinder oder der Unternehmens­nachfolge einer individuellen Lösung der Vorzug gegeben werden.
  • Erbfall im Ausland: Seit der Novellierung des Erbrechts in der EU 2015 gilt nicht etwa der Verfassungsort des Testaments als rechtlich bindend, sondern der gewöhnliche Aufenthaltsort des Verstorbenen. Das kann in einzelnen Ländern dazu führen, dass ein Berliner Testament wirkungslos ist, da es diese Testamentskonstruktion dort nicht gibt. Wer dauerhaft im Ausland lebt, aber seinen Nachlass nach deutschem Erbrecht regeln will, muss besondere Vorkehrungen, ggf. unter anwaltlichem Beistand treffen.

Gilt das Berliner Testament auch nach Scheidung?

Nach § 2077 Abs. 1 BGB verliert ein gemeinschaftliches Testament mit der Scheidung seine Wirksamkeit. Es genügt die Scheidung vor dem Tod einzureichen oder ihr zuzustimmen, um die Wirksamkeit des gemeinschaftlichen Testaments aufzuheben. Wie beim Widerruf empfiehlt es sich auch im Falle einer Scheidung eine gemeinsame Verfügung zu vernichten und ggf. die Rückgabe beim beauftragten Notar zu verlangen. Der gemeinschaftliche letzte Wille kann jedoch auch nach einer Scheidung in Kraft bleiben, wenn die gemeinsamen Kinder als Erben eingesetzt sind und beide Partner das Testament auch dann aufgesetzt hätten, wenn die Scheidung absehbar gewesen wäre.

Diese Form der testamentarischen Wirksamkeit lässt sich aber auch umgehen, wenn explizit festgehalten ist, dass das Testament nicht gelten soll, wenn die Ehe geschieden wird. Im gleichen Zug ist ein Passus empfehlenswert, der den Nachlass bereits den Schlusserben zuspricht, wenn der hinterbliebene Ehegatte erneut heiratet und das Risiko besteht, dass ein neuer Partner den Erbanspruch der gemeinsamen Kinder aus der ersten Ehe durch seinen "erheirateten" Erb- und Pflichtteils­anspruch reduziert.

Kann man ein Berliner Testament ändern oder widerrufen?

Ändern sich die gemeinsamen Vorstellungen zur Nachlass­regelung, dann muss das gemeinschaftliche Testament auch von beiden Ehepartnern widerrufen oder geändert werden. Das können sie tun, indem sie ein neues, aktualisiertes Gemeinschaftstestament aufsetzen oder – noch einfacher – indem sie es einvernehmlich vernichten. Wurde das Testament von einem Notar aufgesetzt, genügt es ihn darüber in Kenntnis zu setzen, dass die gemeinsame letztwillige Verfügung keine Wirkung mehr hat. Üblicherweise wird jeder Notar das obsolete Testament von sich aus aushändigen, sicherheitshalber kann die Herausgabe auch zusätzlich eingefordert werden.

Schwieriger gestaltet sich die Lage beim einseitigen Widerruf, also dann, wenn nur ein Ehepartner aus dem gemeinschaftlichen Testament “aussteigen” möchte. Denn üblicherweise wird in einem Berliner Testament eine ganze Reihe wechselbezüglicher Verfügungen festgehalten, die die Bindungswirkung des Dokuments deutlich erhöhen. Ein solcherart “verbindendes” Testament kann einseitig nur notariell widerrufen werden. Ist einer der beiden Ehepartner darüber hinaus bereits verstorben, ist der Widerruf des gemeinschaftlichen Testaments ausgeschlossen. In einem solchen Fall kann der verbleibende Partner lediglich die Erbschaft ausschlagen und seinerseits ein neues Einzeltestament verfassen – das den Nachlass des verstorbenen Partners dann allerdings nicht umfasst.

Was kostet ein Berliner Testament?

Das Berliner Testament kann wie ein reguläres Testament vom Notar des Vertrauens als öffentliches Testament aufgesetzt werden. Die Kosten für ein notarielles Testament belaufen sich auf einen festgelegten Prozentanteil des erwarteten Nachlass­vermögens. Für Erbschaften mit einem Wert bis 50.000€ werden Stand 2019 rund 260€ Gebühren erhoben, zu denen noch 19% Mehrwertsteuer kommen. Bei 200.000€ sind es etwas mehr als 700€. Erst bei Erbschaften mit einem Wert von mehr als einer Million Euro können mehrere Tausend Euro Notargebühren fällig werden.

Deutlich günstiger ist es, das Berliner Testament handschriftlich selbst zu verfassen. Wichtig ist, dass das gesamte Testament persönlich von Hand geschrieben wird. Auch die Unterschrift muss von beiden Ehepartnern geleistet werden. Allerdings genügt es, wenn das Schriftstück von einem Partner geschrieben und von beiden Partnern mit Datum und Ortsangabe auf jeder Seite unterzeichnet wird.

Kann es einseitig widerrufen werden?

Prinzipiell kann das Berliner Testament auch einseitig aufgekündigt werden, solange beide Ehepartner noch am Leben sind. Dazu ist ein Notar notwendig, der den einseitigen Widerruf beurkundet. Der Widerruf muss dem anderen Ehepartner darüber hinaus in beglaubigter und schriftlicher Form zugehen, damit nachgewiesen ist, dass beide Seiten über den einseitigen Widerruf und seine Folgen in Kenntnis gesetzt worden sind.

Kann ein gemeinschaftliches Testament nach dem Tod eines Ehegatten widerrufen werden?

Verstirbt ein Ehepartner, hat der verbleibende keine Möglichkeit mehr, ein Berliner Testament zu widerrufen oder zu ändern. Zwar wird er oder sie automatisch zum Alleinerben des gemeinsamen Vermögens, dafür ist er auch daran gebunden, dass der hinterlassene Willens mit all seinen Verfügungen letztgültig ist. So entschied beispielsweise das OLG Hamm im März 2011. Im vorliegenden Beispiel beabsichtigte die verbliebenen Alleinerbin, das gemeinsame Testament so zu ändern, dass nicht ihr Sohn, sondern ein Bekannter als Alleinerbe eingesetzt werden sollte. Der Sohn klagte dagegen und bekam Recht, denn nach Ansicht des Gerichts bestand mit dem Tod des Ehegatten keine Möglichkeit mehr, die gemeinsame letztwillige Verfügung zu ändern. Der verbleibende Ehepartner ist an die im Berliner Testament festgelegten Verfügungen gebunden. Stehen die Kinder als Schlusserben des Berliner Testaments fest, kann der hinterbliebene Ehegatte nichts an dieser Festlegung ändern. Der einzige Weg, die Wirksamkeit des Berliner Testaments aufzuheben, ist es, das Erbe auszuschlagen und den zustehenden Pflichtteil einzufordern (§ 2271 Abs. 2 BGB).

Wie kann ich ein Berliner Testament aufsetzen?

Das Berliner Testament kann mithilfe eines Notars aufgesetzt werden. Dazu können beide Partner einen Notar Ihres Vertrauens aufsuchen, ein sog. öffentliches Testament aufnehmen lassen und es vom Notar verwahren lassen. Allerdings ist dieses Vorgehen mit Kosten verbunden, die sich nach dem Wert des Nachlass­es richten. Außerdem besteht keine Pflicht dazu ein gemeinsames Testament notariell errichten zu lassen. Genau wie das Einzeltestament kann auch das Berliner Testament einfach per Hand verfasst und von beiden Partnern mit Orts- und Zeitangabe unterschrieben werden, idealerweise auf jeder Seite des Testaments.

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Quellen

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