Vorsorge­vollmacht: Warum Ehepartner vorsorgen müssen

von Afilio
17.12.2020 (aktualisiert: 16.02.2021)
Das Wichtigste in Kürze:
  • Wenn Sie sichergehen wollen, dass Ihr Ehe- oder Lebenspartner alles Wichtige regeln kann, wenn Ihnen etwas passiert, müssen Sie ihm eine Vorsorge­vollmacht ausstellen.
  • Benennen Sie in Ihrer Vollmacht die Bereiche, in denen Ihr Partner Sie vertreten darf. Das ist z. B. in Bezug auf die Gesundheits­sorge zwingend erforderlich, damit er notfalls für Sie entscheiden kann.
  • Abmachungen, wann und wie Ihr Partner die Vollmacht einsetzen soll, sollten Sie im sogenannten Innenverhältnis treffen. Für Dritte sind sie dann nicht sichtbar, sodass die Vollmacht nach außen unbeschränkt gilt.
  • Ohne Vorsorge­vollmacht muss das Amtsgericht im Ernstfall einen Betreuer für Sie bestellen. Eine Garantie, dass dies Ihr Ehe- oder Lebenspartner wird, gibt es nicht.

Ein Unfall, Schlaganfall oder eine schwere Erkrankung – jeder kann in eine Situation kommen, in der er nicht mehr für sich selbst entscheiden kann. Viele Menschen gehen davon aus, dass ihr Lebens- oder Ehepartner dann automatisch Entscheidungen über ihre medizinische Versorgung treffen, sie in einem Pflege­heim unterbringen oder Bankgeschäfte für sie erledigen kann. Das stimmt aber nicht.

Natürlich können Ihre Angehörigen Sie im alltäglichen Leben unterstützen, Sie pflegen und Erledigungen wie Einkäufe für Sie übernehmen. Allerdings dürfen weder Ihr Partner noch Ihre Kinder für Sie rechtsverbindliche Erklärungen abgeben oder Entscheidungen treffen. Laut Gesetz haben nur Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern ein solches Sorgerecht. Damit Ihr Ehepartner Sie in bestimmten oder allen Bereichen vertreten kann, müssen Sie ihn bevollmächtigen. Die Alternative: Das Betreuungs­gericht bestellt ihn zum Betreuer.

Tipp: Mehr über die Gesetzesgrundlagen der Betreuung und Vorsorge­vollmacht erfahren Sie in unserem Ratgeber.

Vorsorge­vollmacht: So machen Sie Ihren Ehepartner zum Bevollmächtigten

Mit einer Vorsorge­vollmacht können Sie heute schon sichergehen, dass Ihr Lebenspartner im Fall der Fälle einmal für Sie handeln kann. In der Vollmacht legen Sie einen oder mehrere Bevollmächtigte fest, die Sie vertreten sollen. Das können Ehe- oder Lebenspartner sein, erwachsene Kinder oder eine andere Person, der Sie uneingeschränkt vertrauen.

Die Vorsorge­vollmacht deckt sechs Bereiche ab: Gesundheit und Pflege­bedürftigkeit, Aufenthalt und Wohnungsangelegenheiten, Vermögen, Post- und Fernmeldeverkehr sowie die Vertretung vor Gericht. Sie müssen explizit festhalten, in welchen Bereichen Ihr Partner Sie vertreten darf und in welchen nicht. Überschreitet ein Bevollmächtigter seine Kompetenzen, indem er zum Beispiel eine medizinische Entscheidung trifft, obwohl er nur für den finanziellen Bereich bevollmächtigt ist, macht er sich schlimmstenfalls strafbar.

Sprechen Sie mit Ihrem Partner Ihre Wünsche durch

Damit Ihr Lebenspartner auch in Ihrem Sinne handeln kann, sollten Sie gemeinsam besprechen, was Sie möchten und was nicht. Vielleicht denken Sie, dass Ihr Partner oder Ihre Partnerin genau weiß, was in Ihrem Sinne ist, in der Praxis zeigt sich jedoch oft, dass Bevollmächtigte in manchen Situationen ratlos sind. Fragen Sie auch Ihren Partner oder Ihre Partnerin nach Ängsten oder Wünschen. Wenn Sie bereits wissen, dass Ihr Lebenspartner keine Entscheidungen über Leben und Tod treffen möchte, können Sie eine andere Person dafür bevollmächtigen – zum Beispiel Ihr Kind.

Beim Erstellen der Vorsorge­vollmacht müssen Sie geschäftsfähig sein. Normalerweise sollte Ihr Lebenspartner die ihm zugewiesenen Aufgaben erst übernehmen, wenn Sie nicht mehr geschäftsfähig sind. Das können Sie in der Vollmacht festhalten. In der Praxis stehen Bevollmächtigte jedoch häufig vor dem Problem, dass sie die Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers nur schwer nachweisen können. Alternativ kann die Vorsorge­vollmacht mit sofortiger Wirkung ausgestellt und Kopien an den Ehepartner ausgehändigt werden. Das Original verwahren Sie an einem sicheren Ort, den Ihr Partner kennen sollte. Denn nur mit der Original­vollmacht kann Ihr Lebenspartner für Sie tätig werden.

Wenn Sie trotzdem festlegen möchten, dass Ihre bevollmächtigte Person die Vorsorge­vollmacht erst nutzt, wenn Sie geschäftsunfähig sind, können Sie das im Innenverhältnis regeln. Dazu setzen Sie einfach zusätzlich zu Ihrer Vollmacht ein formloses Dokument auf, in dem Sie Ihren Bevollmächtigten mitteilen, wie sie die Vollmacht einsetzen sollen.

Tipp: Rechtsanwalt und Notar Dr. Andreas Lohmeyer erklärt in unserem Experten-Interview, warum gewisse Absprachen ins Innenverhältnis gehören und welche weiteren Mechanismen vor Vollmachtsmissbrauch schützen.

Formelle Vorgaben gibt es bei der Erstellung nicht, allerdings sollten Sie die Vollmacht schriftlich erstellen, um später einen Nachweis für den Bevollmächtigten zu haben. Außerdem müssen Sie die Vorsorge­vollmacht unterschreiben und mit dem aktuellen Datum versehen. Eine öffentliche Beglaubigung oder notarielle Beurkundung ist nur in wenigen Ausnahmefällen nötig, kann aber die Akzeptanz des Dokuments im Rechtsverkehr erhöhen. Die Vorsorge­vollmacht kann jederzeit widerrufen oder geändert werden. Mehr dazu erfahren Sie in unserem Beitrag Vorsorge­vollmacht widerrufen – So geht’s!

Ohne Vorsorge­vollmacht kann Ihr Lebenspartner im Notfall keine Entscheidungen für Sie treffen, das kann die Beantragung von Leistungen bei der Kranken­kasse sein, die Kündigung Ihrer Wohnung oder eine medizinische Entscheidung. Muss Ihr Lebenspartner auf Ihr Konto zugreifen, um eine private Pflege­kraft zu bezahlen, ist dies ebenfalls nicht möglich.

Das Amtsgericht bestimmt in einem solchen Fall einen rechtlichen Betreuer. In dem Verfahren werden Lebenspartner und Angehörige berücksichtigt, eine Garantie, dass Ihr Lebenspartner zum Bevollmächtigten ernannt wird, gibt es aber nicht. Es ist auch möglich, dass ein Angehöriger ausgewählt wird, den Sie selbst nicht für fähig halten oder dem sie nicht vertrauen. Letztlich kann auch eine fremde Person zur Betreuung bestimmt werden. Direkte Angehörige müssen für die Kosten der Betreuung und des Gerichtsverfahrens aufkommen, was sich über die Jahre auf mehrere Tausend Euro summieren kann. Durch eine Vorsorge­vollmacht können Sie also nicht nur selbst bestimmen, wer Sie in welchen Bereichen vertreten soll, Sie können Ihrem Ehepartner schlimmstenfalls auch hohe Kosten ersparen.

Gut zu wissen: Wer keine Vorsorge­vollmacht erstellen möchte, weil er keine Angehörigen hat, denen er so sehr vertraut, der kann alternativ auch eine Betreuungs­verfügung aufsetzen. Wann Sie welches der Dokumente erstellen sollten, erfahren Sie im Artikel Patienten-, Betreuungs­verfügung oder Vorsorge­vollmacht.

Häufig gestellte Fragen

Welche Vollmachten braucht der Ehepartner?

Für den Fall, dass Sie aufgrund von Unfall, Alter oder Krankheit geschäfts- und/oder einwilligungsunfähig werden, ist die oben beschriebene Vorsorge­vollmacht wichtig. Häufig erteilen sich Ehepartner auch eine General­vollmacht. Rein rechtlich besteht kein Unterschied zur Vorsorge­vollmacht, lediglich der Anlass ist ein anderer: Die General­vollmacht wird typischerweise auch schon eingesetzt, bevor eine Geschäftsunfähigkeit eintritt, z. B. um sich um Verträge oder Konten gemeinsam kümmern zu können. Stichwort Konto: Stellen Sie Ihrem Partner sicherheitshalber auch eine spezielle Bank­vollmacht von Ihrem Geldinstitut aus, denn Banken akzeptieren die Vorsorge- oder General­vollmacht in der Praxis oft nicht.

Kann ich mehreren Personen eine Vorsorge­vollmacht erteilen?

Ja, das ist möglich und auch sinnvoll. Denn bei einem einzigen Bevollmächtigten besteht die Gefahr, dass dieser im Ernstfall nicht erreichbar oder nicht handlungsfähig ist – z. B. aufgrund einer Krankheit oder einer Auslandsreise. Dann ist es gut, wenn eine andere Person einspringen kann. Viele Vollmachtgeber entscheiden sich, neben Ihrem Ehepartner auch die erwachsenen Kinder zu bevollmächtigen. Wichtig ist bei mehreren Bevollmächtigten, dass die Zuständigkeiten eindeutig festgelegt sind. In unserem Ratgeber lesen Sie mehr zur Vorsorge­vollmacht für mehrere Personen.

Quellen

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