Vorsorgevollmacht widerrufen – so geht’s


- Der Vollmachtgeber kann die Vorsorgevollmacht jederzeit ändern oder widerrufen, solange er geschäftsfähig ist.
- Besteht die Gefahr, dass ein geschäftsunfähiger Vollmachtgeber durch den Bevollmächtigten zu Schaden kommt, kann das Betreuungsgericht einen Kontrollbetreuer bestellen, der die Vollmacht widerrufen kann.
- Eine transmortale Vorsorgevollmacht kann von den Erben des Vollmachtgebers widerrufen werden.
- Der Widerruf muss auf dieselbe Weise erfolgen, wie die Vollmacht erteilt wurde: Meist also in Form einer schriftlichen Erklärung an den Bevollmächtigten.
- Bei einer notariellen Vorsorgevollmacht sollte der Notar über den Widerruf informiert werden. Wichtig ist ebenfalls, die erloschene Vollmacht sowie alle Ausfertigungen und Kopien zu vernichten.
Haben Sie jemandem eine Vorsorgevollmacht erteilt, möchten diese aber nun widerrufen, weil das Vertrauensverhältnis zum Bevollmächtigten gestört ist? Oder möchten Sie Ihre Vorsorgevollmacht anpassen, weil sich Ihre Lebensumstände geändert haben? Solange Sie geschäftsfähig sind, sind sowohl Änderungen der Vorsorgevollmacht als auch der Widerruf problemlos möglich. Doch was geschieht bei Geschäftsunfähigkeit? Dürfen auch Bevollmächtigte eine Vorsorgevollmacht widerrufen? Und was passiert, wenn der Vollmachtgeber verstirbt – ist ein Widerruf durch die Erben notwendig? Wir erklären, was Sie zu diesem Thema wissen müssen.
Wer kann eine Vorsorgevollmacht widerrufen?
Grundsätzlich können Vollmachten auch unwiderruflich gestaltet werden. Die General- und die Vorsorgevollmacht bilden hier jedoch Ausnahmen, da sonst die Privatautonomie des Vollmachtgebers übermäßig eingeschränkt wäre. Folgende Personen sind berechtigt, die Vorsorgevollmacht zu widerrufen.
Der Vollmachtgeber: Der Vollmachtgeber darf die Vorsorgevollmacht jederzeit widerrufen, solange er geschäftsfähig ist. Wie Sie dabei vorgehen, erklären wir im Abschnitt „Vorsorgevollmacht widerrufen – das ist zu beachten“.
Auch wenn eine Geschäftsunfähigkeit eingetreten ist, ist ein Widerruf der Vorsorgevollmacht manchmal noch möglich – allerdings nicht mehr durch den Vollmachtgeber selbst, sondern durch einen Stellvertreter. Der Vorgang ist in so einem Fall um einiges komplizierter.
Geschäftsunfähig ist nach § 104 Nr. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch),
„wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist.“
Ein Kontrollbetreuer: Bei Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers kann unter Umständen ein sogenannter Kontrollbetreuer (auch: Vollmachtsbetreuer, Überwachungsbetreuer) die Vorsorgevollmacht widerrufen. Voraussetzung ist, dass das Betreuungsgericht ihn ausdrücklich für die Überwachung des Bevollmächtigten bestellt. Das wiederum ist laut einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) nur möglich,
„wenn das Festhalten an der erteilten Vorsorgevollmacht eine künftige Verletzung des Wohls des Betroffenen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und in erheblicher Schwere befürchten lässt und mildere Maßnahmen nicht zur Abwehr eines Schadens für den Betroffenen geeignet erscheinen.“ (XII ZB 674/14)
Wird der Kontrollbetreuer für den entsprechenden Aufgabenkreis bestellt, kann er nach § 1896 Abs. 3 BGB die Rechte des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten geltend machen. Der Bevollmächtigte kann laut BGH allerdings auch nach einem wirksamen Widerruf der Vorsorgevollmacht noch Beschwerde gegen die Betreuerbestellung einlegen.
Die Erben des Vollmachtebers: Bei einer transmortalen Vorsorgevollmacht sind nach dem Tod des Vollmachtgebers seine Erben widerrufsberechtigt. Sie sollten von diesem Recht unverzüglich nach dem Erbfall Gebrauch machen, wenn sie vermuten, dass der Bevollmächtigte die Vorsorgevollmacht über den Tod hinaus missbräuchlich verwenden könnte.
Kann ein Bevollmächtigter eine Vollmacht widerrufen?
Möchte eine Vertrauensperson nicht als Bevollmächtigter eingesetzt werden oder die Aufgabe niederlegen, ist das kein Widerruf der Vorsorgevollmacht im eigentlichen Sinne. In unserem Ratgeber erfahren Sie, was passiert, wenn der Bevollmächtigte nicht will.
Eine andere Frage ist, ob bei mehreren gleichrangig Bevollmächtigten einer die Vollmacht des anderen widerrufen darf. Laut einem Beschluss des Oberlandesgerichtes Karlsruhe ist dies nicht zulässig, wenn der Vollmachtgeber es nicht ausdrücklich so bestimmt hat:
„Erhalten mehrere Personen – jede für sich – gleichrangige Generalvollmacht (Solidarvollmacht), so ist mangels abweichender Bestimmungen des Vollmachtgebers keiner der Bevollmächtigten befugt, die Vollmacht des anderen zu widerrufen.“ (OLG Karlsruhe, 03.02.2010 – 19 U 124/09)
Der Hintergrund: Die gleichrangige Bevollmächtigung soll den Bevollmächtigten ermöglichen, gleichberechtigt zu handeln und sich gegenseitig zu kontrollieren. Das schützt vor dem Missbrauch der Vollmacht. Könnte eine bevollmächtigte Person einfach die Vollmachten der anderen widerrufen, könnte sie Entscheidungen im Alleingang treffen – der eigentliche Zweck der Solidarvollmacht wäre somit verfehlt.
Vorsorgevollmacht widerrufen – das ist zu beachten
Eine Vollmacht sollten Sie grundsätzlich nur schriftlich erteilen, denn mündliche Vollmachten haben im Rechtsverkehr eine äußerst geringe Akzeptanz. Bei einer schriftlichen Vorsorgevollmacht muss auch der Widerruf schriftlich erfolgen.
Für einen wirksamen Widerruf ist außerdem entscheidend, wem gegenüber Sie die Vorsorgevollmacht erteilt haben: Laut § 167 BGB können Sie die Erteilung der Vollmacht gegenüber dem Bevollmächtigten erklären, aber auch gegenüber dem Dritten, vor dem der Bevollmächtigte Sie vertreten soll. Im ersten Fall muss auch der Widerruf gegenüber dem Bevollmächtigten erfolgen, im zweiten Fall gegenüber der dritten Person.
Der Widerruf Ihrer Vorsorgevollmacht ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung: Sie wird erst wirksam, wenn sie dem Empfänger zugeht. Falls das Widerrufsschreiben nicht beim Bevollmächtigten eingehen kann, z. B. weil er untergetaucht ist, sollten Sie umgehend das Amtsgericht kontaktieren und einen schriftlichen Antrag auf Kraftloserklärung durch öffentliche Bekanntmachung stellen. Ist die Kraftloserklärung veröffentlicht, darf der Bevollmächtigte Ihre Vorsorgevollmacht nicht mehr einsetzen.

Wichtig: Fordern Sie das Original und alle Ausfertigungen Ihrer erloschenen Vorsorgevollmacht zurück, damit diese in Zukunft nicht mehr eingesetzt werden können. Sie haben laut §175 BGB einen gesetzlichen Anspruch auf die Rückgabe der Vollmachtsurkunde. Weigert sich der Bevollmächtigte, sie herauszugeben, können Sie wie oben beschrieben die Vollmachtsurkunde für kraftlos erklären lassen.
Über den Widerruf einer notariell erstellten Vorsorgevollmacht sollten Sie den Notar informieren. Es besteht ansonsten die Gefahr, dass der ehemals Bevollmächtigte sich Ausfertigungen des Dokuments erstellen lässt und die ohne Kenntnis des Notars erloschene Vollmacht weiter im Umlauf bleibt.
Ist die Geschäftsunfähigkeit erst einmal eingetreten, ist es kompliziert, die Vorsorgevollmacht zu ändern oder zu widerrufen. Prüfen Sie darum regelmäßig, ob Sie Ihren Bevollmächtigten weiterhin das notwendige Vertrauen entgegenbringen und diese nach wie vor in der Lage sind, im Ernstfall Ihre Stellvertretung zu übernehmen. Empfehlenswert ist es, Ihre Vorsorgevollmacht mindestens alle zwei Jahre zu überprüfen, am besten zusammen mit Ihrer Patientenverfügung. So können Sie sicher sein, dass Ihre Willenserklärungen aktuell sind, wenn der Vorsorgefall einmal eintritt.
Vorsorgevollmacht ändern
Möchten Sie nur Einzelheiten Ihrer Vorsorgevollmacht ändern, müssen Sie nicht unbedingt ein neues Dokument aufsetzen. Nehmen Sie einfach die gewünschten Änderungen am Original vor und unterschreiben Sie die entsprechenden Stellen mit Ort und Datum. Änderungen einer notariellen Vorsorgevollmacht sollten Sie vom Notar vornehmen lassen.
Wichtig: Denken Sie daran, sich alle Ausfertigungen der alten Vollmacht von Ihren Bevollmächtigten zurückgeben zu lassen und zu vernichten.
Häufig gestellte Fragen
Wer von einem Angehörigen bevollmächtigt wird, ist nicht dazu gezwungen, die Aufgabe wahrzunehmen. Sie können sich jederzeit auch dagegen entscheiden – selbst, wenn sie die Aufgabe als Bevollmächtigter bereits wahrgenommen haben. In diesem Fall geben Sie die Vollmacht einfach an den Aussteller zurück. Erklärt Ihnen ein Angehöriger, dass er Sie bevollmächtigen möchte, sollten Sie Bedenken so schnell wie möglich äußern. So geben Sie ihm die Chance, sich einen Ersatz zu suchen. Sagen Sie auch nicht vorschnell zu und nehmen Sie sich Zeit, sich damit auseinanderzusetzen, welche Aufgaben auf Sie zukommen könnten.
Welche Rechte eine bevollmächtigte Person hat, entscheidet der Vollmachtgeber. Er legt fest, in welchen Bereichen sein Stellvertreter für ihn entscheiden darf. Möglich ist, dass der Bevollmächtigte Sie gegenüber Banken, Behörden, Vertragspartnern oder auch Ärzten und Pflegeeinrichtungen vertritt.
In puncto Pflichten gilt vor allem eines: Der Bevollmächtigte ist stets dazu verpflichtet, im Sinne seines Vollmachtgebers zu handeln und zu dessen Wohl zu entscheiden. Sofern das möglich ist, muss der Bevollmächtigte wichtige Angelegenheiten mit dem Vollmachtgeber besprechen. Zudem ist er dazu verpflichtet, ihm gegenüber Rechenschaft abzulegen. Möglich ist auch, dass Erben nach dem Tod des Vollmachtgebers Rechenschaft für das Handeln des Bevollmächtigten verlangen.