Vorsorge­vollmacht für mehrere Personen – das ist zu beachten

von Christina Horst
02.12.2020 (aktualisiert: 11.02.2021)
Das Wichtigste in Kürze:
  • Eine Vorsorge­vollmacht für mehrere Personen hat diverse Vorteile: So können sich z. B. die Bevollmächtigten die Verantwortung teilen, gleichzeitig senkt die Beteiligung mehrerer Personen das Risiko für einen Vollmachtsmissbrauch.
  • Besonders hilfreich im Ernstfall: Wenn eine Vertrauensperson verhindert ist, kann eine andere einspringen.
  • Damit das im Ernstfall funktioniert, sollten bestimmte Einschränkungen nur im Innenverhältnis getroffen werden, also zwischen dem Vollmachtgeber und den Bevollmächtigten – z. B. die Rangfolge, in der die Vertrauens­personen tätig werden sollen.
  • Im Außenverhältnis, d. h. in den Bestimmungen, die für Dritte sichtbar sind, sollte jeder Bevollmächtigte möglichst ohne Einschränkungen und unabhängig von den anderen Vertrauens­personen handlungsfähig sein. Denn sonst passiert es schnell, dass die Vollmacht im Ernstfall nicht funktionsfähig ist und eine Betreuung notwendig wird.

Während für manche Menschen nur eine einzige Vertrauensperson als Bevollmächtigter in Frage kommt, möchten andere in ihrer Vorsorge­vollmacht gleich mehrere Stellvertreter für den Ernstfall benennen. In den meisten Fällen soll es eine Vorsorge­vollmacht für Ehepartner und die erwachsenen Kinder geben. Das hat vor allem folgende Vorteile:

  • Der oft erhebliche Aufwand und die große Verantwortung, die mit einer Bevollmächtigung einhergehen, verteilen sich auf mehrere Schultern.
  • Ist ein Bevollmächtigter im Ernstfall nicht erreichbar, kann ein anderer einspringen.
  • Der Vollmachtgeber hat durch die gegenseitige Kontrolle der Bevollmächtigten mehr Sicherheit, dass sein Vertrauen nicht ausgenutzt wird.

Allerdings gibt es bei einer Vorsorge­vollmacht für mehrere Personen auch einige Fallstricke. Im schlimmsten Fall ist sie nicht funktionsfähig: Dann tritt genau der Fall ein, den sie eigentlich verhindern soll, nämlich eine gerichtlich angeordnete Betreuung. Wir verraten, wie Sie das verhindern und eine wirksame Vollmacht für mehrere Personen erstellen.

Vollmacht für mehrere Bevollmächtigte – diese Möglichkeiten gibt es

Bei mehreren Bevollmächtigten ist zum einen wichtig, dass Sie klar regeln, wer Sie in welchen Bereichen vertreten darf. Zum anderen ist entscheidend, ob bzw. in welchen Fragen Ihre Vertrauens­personen auch unabhängig von den anderen Bevollmächtigten handeln können. Bei der Ausgestaltung der Vorsorge­vollmacht für mehrere Personen haben Sie beinahe unbegrenzten Gestaltungsspielraum, in der Praxis zeigt sich allerdings, dass die einfachste Lösung oft die beste ist. Ein Patentrezept gibt es aber nicht: Die Vorsorge­vollmacht muss zu Ihrer individuellen Situation passen.

Wer darf Sie in welchen Bereichen vertreten?

Grundsätzlich ist es möglich, den Bevollmächtigten Einzel­vollmachten für unterschiedliche Teilbereiche zu erteilen. So können Sie sich z. B. von Ihrer Tochter in finanziellen Angelegenheiten vertreten lassen, während Ihr Sohn sich um die Gesundheits­sorge und die Umsetzung Ihrer Patienten­verfügung kümmert. Zwar ist es sinnvoll, die Aufgaben entsprechend der persönlichen Stärken der Vertrauens­personen zu verteilen, entscheidend ist aber, wie Sie dies in Ihrer Vollmacht formulieren. Denn es gibt auch Risiken.

So kann es z. B. passieren, dass der Vollmachtgeber durch einen Unfall oder eine plötzliche Krankheit einwilligungsunfähig wird und ein Bevollmächtigter für ihn entscheiden muss, ob seine Ärzte eine evtl. lebensrettende, aber risikoreiche Operation durchführen dürfen. Ist der für die Gesundheits­sorge zuständige Bevollmächtigte zu diesem Zeitpunkt nicht erreichbar, z. B. weil er sich auf einer Auslandsreise befindet, darf der mit der Vermögenssorge betraute Bevollmächtigte nicht einfach einspringen. Die Folge: Das Betreuungs­gericht muss einen Betreuer bestellen. Das kann auch eine völlig fremde Person sein, die dann über Ihre medizinische Behandlung entscheidet.

Ebenfalls kann eine Einzel­vollmacht ausfallen, wenn ein Bevollmächtigter z. B. aufgrund von Überforderung seine Aufgabe niederlegt. Ist der Vollmachtgeber zu diesem Zeitpunkt geschäftsunfähig, kann er sie nicht einfach auf einen anderen Bevollmächtigten übertragen – für den betroffenen Bereich muss dann ein Betreuer bestellt werden.

Tipp: Mehr zu diesem Thema finden Sie hier: Bevollmächtigter will nicht – was tun?

Besser ist es darum in der Regel, Ihren Vertrauens­personen die gleichen Befugnisse einzuräumen – zumindest im Außenverhältnis. Das Außenverhältnis ist der Teil der Vollmacht, den Ihre Bevollmächtigten im Ernstfall Ärzten, Banken und anderen Stellen vorlegen, also die eigentliche Vollmachtsurkunde. Sie haben trotzdem die Möglichkeit, die Bevollmächtigten entsprechend ihrer persönlichen Stärken mit unterschiedlichen Aufgaben zu betreuen, nämlich indem Sie diese Anweisungen im Innenverhältnis der Vollmacht festhalten. Dabei handelt es sich um ein zusätzliches Dokument, das nicht an Dritte, sondern an Ihre Bevollmächtigten gerichtet ist. Sie beschreiben darin, wie die Stellvertretung im Einzelnen aussehen soll. So können Ihre Vertrauens­personen Ihre Wünsche berücksichtigen, ohne dass die Vollmacht nach außen hin eingeschränkt ist.

Bankangestellter im Gespräch mit einem Mann und einer Frau
Eine Vorsorge­vollmacht für mehrere Personen bietet im Ernstfall Sicherheit, denn fällt ein Bevollmächtigter aus, gibt es noch weitere Personen, die sich um Ihre Angelegenheiten kümmern können.

Sollen die Bevollmächtigten Sie unabhängig voneinander vertreten können?

Bei einer Vorsorge­vollmacht für mehrere Bevollmächtigte gibt es prinzipiell die Möglichkeit, eine Rangfolge festzulegen. So können Sie z. B. Ihren Ehepartner als Hauptbevollmächtigten und Ihre erwachsenen Kinder als Ersatzbevollmächtigte einsetzen. Sie können dann bestimmte Bedingungen festlegen, unter denen die Kinder von der Vollmacht Gebrauch machen können, z. B. wenn Ihr Ehepartner selbst geschäftsunfähig wird.

Aber Vorsicht: Legen Sie diese Rangfolge auch für Dritte sichtbar fest, müssen Ihre Kinder beim Verwenden der Vollmacht erst nachweisen, dass Ihr Partner geschäftsunfähig ist. Das ist häufig so kompliziert, dass letztlich doch eine gerichtlich angeordnete Betreuung notwendig wird. Auch hier gilt also: Legen Sie die Rangfolge lieber im Innenverhältnis fest. Im Außenverhältnis sollten die Personen gleichrangig bevollmächtigt sein. So kann immer jemand einspringen, wenn ein Bevollmächtigter ausfällt.

Ebenfalls ist es sinnvoll festzulegen, dass alle Bevollmächtigten Sie unabhängig voneinander vertreten können. Auf den ersten Blick mag es zwar sinnvoller erscheinen, jede Entscheidung von allen Beteiligten absegnen zu lassen – schließlich möchten Vollmachtgeber sich vor Vollmachtsmissbrauch schützen und sichergehen, dass kein Bevollmächtigter Entscheidungen im Alleingang trifft. Doch in der Praxis besteht abermals die Gefahr, dass die Vorsorge­vollmacht ausfällt, wenn es darauf ankommt. Denn fehlt auch nur ein Bevollmächtigter, sind alle anderen nicht mehr handlungsfähig. Die Anweisung, sich jeweils mit den anderen abzusprechen, ist eine sinnvolle Regelung für das Innenverhältnis – im Außenverhältnis sollten aber alle Vertrauens­personen einzeln vertretungsberechtigt sein. Für besonders weitreichende Entscheidungen, z. B. ob die Bevollmächtigten Ihre Eigentumswohnung verkaufen oder belasten dürfen, können Sie auch im Außenverhältnis festlegen, dass alle gemeinsam entscheiden müssen.

Gut zu wissen: Die Vollmacht eines anderen gleichrangig Bevollmächtigten zu widerrufen, ist nicht erlaubt – das entschied das Oberlandesgericht Kassel im Jahr 2010.

Was tun, wenn es nur eine Vertrauensperson gibt?

Bei zwei, drei oder mehr Bevollmächtigten ist es unwahrscheinlich, dass alle gleichzeitig ausfallen. Gibt es nur einen Bevollmächtigten, ist das Risiko höher, dass der Vollmachtgeber bei einem unvorhergesehenen Ereignis plötzlich ohne Stellvertreter dasteht. Haben Sie nur eine Vertrauensperson bevollmächtigt, sollten Sie darum auf jeden Fall zusätzlich eine Betreuungs­verfügung aufsetzen. Sie teilen darin dem Betreuungs­gericht mit, wen Sie sich als Betreuer wünschen, wenn der Bevollmächtigte Sie nicht vertreten kann. Im Gegensatz zu einem Bevollmächtigten muss ein Betreuer Entscheidungen vom Betreuungs­gericht genehmigen lassen und Nachweise erbringen, z. B. über die Verwendung von Geldern. Sie können auch Personen ausschließen – das ist beispielsweise dann nützlich, wenn das Vertrauensverhältnis zu Ihren Angehörigen gestört ist.

Außerdem kann es von Nutzen sein, Ihrem Bevollmächtigten in der Vorsorge­vollmacht die Erlaubnis zu geben, Unter­vollmachten zu erteilen. Dann kann er bei Bedarf die Vertretungsmacht auf eine dritte Person übertragen – z. B. auf einen weiteren Angehörigen. Dieser vertritt dann rechtlich nicht den Bevollmächtigten, sondern Sie. Darum sollten Sie sich gut überlegen, ob Sie diese Befugnis tatsächlich erteilen möchten. Mehr zu diesem Thema erfahren Sie hier: Unter­vollmacht bei der Vorsorge­vollmacht – was ist das?

Häufig gestellte Fragen

Kann man mehreren Personen eine General­vollmacht erteilen?

Das ist problemlos möglich. Auch die Vorsorge­vollmacht ist rechtlich betrachtet eine General­vollmacht. Sie wird speziell für den Fall erstellt, dass der Vollmachtgeber z. B. durch Alter, Krankheit oder Unfall nicht mehr entscheidungs- und handlungsfähig ist, während die allgemeine General­vollmacht auch zum Einsatz kommen kann, wenn der Vollmachtgeber aus anderen Gründen bestimmte Aufgaben auf Vertrauens­personen übertragen will. In unserem Ratgeber erfahren Sie mehr zum Unterschied zwischen Vorsorge­vollmacht und General­vollmacht.

Was ist wichtiger, Vorsorge­vollmacht oder Betreuungs­verfügung?

Wenn Sie Familienmitglieder oder Freunde haben, denen Sie uneingeschränkt vertrauen, ist eine Vorsorge­vollmacht immer die bessere Wahl. Denn eine gerichtlich angeordnete Betreuung verursacht nicht nur Kosten, sondern auch einen hohen bürokratischen Aufwand für den Betreuer: Im Gegensatz zu einem Bevollmächtigten muss er Genehmigungen vom Gericht einholen und regelmäßig Nachweise z. B. über Ausgaben für den Vollmachtgeber erbringen. Haben Sie allerdings keine Vertrauensperson, können Sie mit der Betreuungs­verfügung wenigstens die Betreuung in Ihrem Sinne gestalten. Mehr dazu erfahren Sie in unserem Ratgeber: Patienten-, Betreuungs­verfügung oder Vorsorge­vollmacht.

Quellen

Christina Horst

Christina Horst war bis Januar 2021 Content Managerin bei Afilio und schrieb vor allem über Vorsorge­themen wie die Patienten­verfügung und die Vorsorge­vollmacht. Zuvor war sie als Online-Redakteurin und Lektorin in Unternehmen und Agenturen sowie als freie Journalistin tätig.

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