Sterbehilfe: Rechtliche Grundlagen, ethische Fragen

von Afilio
29.11.2023 (aktualisiert: 29.11.2023)

Die Frage nach einem selbstbestimmten Lebensende ist zweifellos eine der intensivsten Debatten unserer Zeit. In einer Welt, in der uns medizinischer Fortschritt und eine steigende Lebenserwartung mit neuen Herausforderungen konfrontiert, rücken auch die Themen Sterben und Entscheidungsfreiheit immer stärker in den Fokus.

Das Wichtigste in Kürze:
  • Das Bundes­verfassungs­gericht hat das Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe 2020 für verfassungswidrig erklärt.
  • Im Bundestag fanden zwei Vorschläge zur Neuregelung der Suizidbeihilfe keine Mehrheit.
  • Sterbehilfe bleibt in Deutschland weiterhin ein umstrittenes Thema.

Die Sterbehilfe steht im Zentrum dieser Diskussion und spaltet die Gesellschaft. Während einige das Recht auf einen würdevollen Abschied betonen, sehen andere ethische Bedenken. Aktuell überarbeitet der Bundestag die Gesetzgebung zur Sterbehilfe. In diesem Artikel fassen wir den aktuellen Stand der Rechtslage und der Diskussion sachlich und knapp für Sie zusammen.

Rechtliche Grundlagen

Das Bundes­verfassungs­gericht hat in einem Urteil im Jahr 2020 das im Strafgesetzbuch geregelte „Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ aufgehoben, das die sogenannten „Sterbehilfevereine“ verbot. Dabei hat es auch ein „Recht auf selbstbestimmtes Sterben“ anerkannt (2 BvR 2347/15). Nach dem Scheitern einer gesetzlichen Regelung zur Sterbehilfe in Deutschland nimmt eine fraktionsübergreifende Gruppe im Bundestag das Thema wieder auf.

Zur Diskussion steht dabei weniger die Frage, ob es erlaubt ist, das eigene Leben zu beenden oder anderen dabei zu helfen. Es geht um die Frage, wie Sterbewillige sicher und schmerzfrei sterben können und wie die Suizidprävention verbessert werden kann.

Die Formen der Sterbehilfe: Was ist verboten, was erlaubt?

Indirekte Sterbehilfe:

Die Bezeichnung „indirekte Sterbehilfe“ kann etwas irreführend sein, denn ihr primäres Ziel ist nicht, Leben zu beenden. Vielmehr werden darunter palliative Behandlungen verstanden, die das Leid eines Patienten in der letzten Lebensphase lindern, durch die der Tod aber auch schneller eintreten kann. Das bedeutet zum Beispiel, dass Patienten im Endstadium ihrer Erkrankung Medikamente erhalten, die starke Schmerzen lindern oder Ängste nehmen, auch wenn dadurch der Tod um Stunden oder vielleicht wenige Tage früher eintritt.

Die indirekte Sterbehilfe ist nicht nur legal, sie wird in der Palliativmedizin als wesentlicher Bestandteil eines Sterbens in Würde und ohne Schmerzen gesehen.

Passive Sterbehilfe:

Unter passiver Sterbehilfe wird der Verzicht, das Reduzieren oder das Abbrechen lebenserhaltener Maßnahmen verstanden – mit dem Ziel, das Sterben zuzulassen und nicht unnötig zu verzögern. Das bedeutet zum Beispiel den Verzicht auf oder den Abbruch von künstlicher Ernährung, Beatmung oder Reanimation. Wenn ein Patient dies wünscht oder die Betreuer des Patienten davon ausgehen, dass er dies wünscht, sind die behandelnden Ärzte verpflichtet, die lebenserhaltenden Maßnahmen einzustellen oder nicht zu ergreifen.

Aktive Sterbehilfe:

Unter aktiver Sterbehilfe wird das gezielte Herbeiführen des Todes einer Person durch Handeln, zum Beispiel der absichtlichen Gabe einer tödlichen Medikamentenüberdosis, verstanden. Die aktive Sterbehilfe ist in Deutschland verboten. Dabei ist es unerheblich, ob die betroffene Person den Willen geäußert hat zu sterben.

Assistierter Suizid:

Darunter wird verstanden, Menschen dabei zu helfen, ihr Leben selbst zu beenden – durch Anleitung und die Beschaffung dafür benötigter Mittel. Im Gegensatz zur aktiven Sterbehilfe führt hier also der Patient selbst den Tod herbei. Auf diesem Gebiet waren bis zu ihrem Verbot im Jahr 2015 die Sterbehilfevereine aktiv, denen aber teilweise der Ruf mangelnder Suizidprävention anhaftete.

Im Jahr 2020 hob das Bundes­verfassungs­gericht das Verbot auf. Seitdem arbeitet der Bundestag an einem Gesetz, dass zum einen dem assistieren Suizid einen legalen Rahmen verschafft und gleichzeitig die Suizidprävention verbessert.

Sterbehilfe in der Diskussion

Passive Sterbehilfe und indirekte Sterbehilfe sind anerkannt und stehen nicht in der Diskussion. Die aktive Sterbehilfe wird in Deutschland immer noch abgelehnt. Dass sie, wie in Belgien oder den Niederlanden, unter bestimmten Voraussetzungen möglich sein wird, ist derzeit so gut wie ausgeschlossen. Die Diskussion beschränkt sich, ausgelöst durch die laufende gesetzliche Neuregelung, im Wesentlichen auf den assistierten Suizid.

Es geht hierbei um die Frage, wie Menschen, die aufgrund schwerer körperlicher Leiden ihr Leben beenden wollen, ein selbstbestimmter, schmerzfreier Tod ermöglicht werden kann. Gleichzeitig soll verhindert werden, dass Menschen, denen noch geholfen werden könnte, diesen Weg gehen. Die Parteien haben dazu unterschiedliche Gesetzesentwürfe in den Bundestag eingebracht. Konkret geht es in allen um die kontrollierte Abgabe tödlicher Medikamente, die Einbindung von Ärzten, die psychologische Begleitung und eine verbesserte Suizidprävention.

Warum eine Patienten­verfügung so wichtig ist

In einer Patienten­verfügung können Sie Ihren Willen für den Fall festhalten, dass Sie nicht mehr entscheiden können. Darin können Sie zum Beispiel dokumentieren, dass Sie nicht künstlich ernährt oder nicht mehr reanimiert werden wollen – oder auch, dass Sie eine palliative Sedierung wünschen, um ohne vermeidbare Schmerzen und Ängste zu sterben.

Diese Verfügung ist für die behandelnden Ärzte bindend. Damit stellen Sie sicher, dass Sie nicht mehr intensivmedizinischen Behandlungen unterzogen werden, die den Tod unnötig hinauszögern. Und Sie entlasten Ihre Angehörigen, die unter Umständen mit dieser Frage konfrontiert werden. Weil sie so wichtig ist, bieten wir Ihnen in unserem Portal die Möglichkeit, Ihre Patienten­verfügung kostenlos und rechtssicher zu erstellen.

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