In 5 Schritten abgesichert - Schritt 2: Rechtliche Vertretung im Ernstfall bestimmen
Willkommen zum zweiten Teil der fünfteiligen Serie "In 5 Schritten abgesichert". Schritt für Schritt zeigen wir Ihnen, wie Sie für sich und und Ihre Liebsten optimal vorsorgen. In diesem Beitrag widmen wir uns der Vorsorgevollmacht und damit der Frage "Wer darf im Ernstfall für mich handeln - und wie stelle ich sicher, dass meine Wünsche umgesetzt werden?". Hier ein Überblick über alle Themen, die bisher behandelt wurden, und was Sie noch erwartet:
- Schritt 1: Medizinische Wünsche festlegen – mit der Patientenverfügung
- Schritt 2: Rechtliche Vertretung im Ernstfall bestimmen – mit der Vorsorgevollmacht (<- dieser Beitrag)
- Schritt 3: Nachlass planen – Testament ohne Kopfschmerzen
- Schritt 4: Kein Chaos hinterlassen – Nachlassinformationen teilen
- Schritt 5: Unterstützung finden – im Pflege- und Todesfall
Rechtliche Vertretung im Ernstfall bestimmen – mit der Vorsorgevollmacht
Manchmal trifft uns das Unerwartete plötzlich. Krankheit kann aber auch schleichend kommen, etwa bei einer Demenz. Denken auch Sie, dass Angehörige dann automatisch berechtigt sind, Entscheidungen für diese Person zu treffen? Dem ist nicht so.
Der Fall von Frau L. und ihrer Tochter zeigt, was passieren kann, wenn ein Angehöriger nicht mehr selbst entscheiden kann. Frau L. ist 78, lebt seit einigen Jahren allein und zeigt zunehmend Anzeichen von Demenz. Sie hat Gedächtnislücken, vergisst Termine und verliert manchmal die Orientierung. Ihre Tochter Anna besucht sie regelmäßig und unterstützt sie im Alltag.
Eines Tages verschlechtert sich der Zustand von Frau L. drastisch: Sie verlegt ihre Medikamente und kann sich an einfache Abläufe nicht mehr erinnern. Anna wird klar, dass ihre Mutter nun auch bei wichtigen Entscheidungen nicht mehr selbst handeln kann. Als Anna Rechnungen ihrer Mutter begleichen will, erfährt sie, dass sie ohne Vollmacht keinen Zugang zu den Konten ihrer Mutter hat.
Dann der schockierende Moment: Ein Gericht bestellt einen rechtlichen Betreuer, der alle nun anstehenden Entscheidungen trifft. Dieser entscheidet auch über den Umzug in ein Pflegeheim, obwohl Anna selbst die Rolle hätte übernehmen können. Die fremde Person ordnet Schritte zur Pflege an und kümmert sich um die Finanzen. Mit der Wahl der Pflegeeinrichtung und den freiheitsentziehenden Maßnahmen ist Anna nicht einverstanden.
Der gerichtliche Betreuer kennt die persönlichen Wünsche und Werte von Frau L. nicht so gut wie ihre Tochter. Dabei wünscht sich Anna nichts mehr, als im Sinne ihrer Mutter zu entscheiden. Doch ihr sind die Hände gebunden. Hinzu kommt: Die Arbeit des Berufsbetreuers muss aus eigener Tasche bezahlt werden – vielleicht über Jahre.
Wenn Fremde entscheiden
Ohne ein passendes Vorsorgedokument, in dem konkret eine Vertretung genannt wird, sind Angehörige nicht automatisch berechtigt, Entscheidungen für eine ihnen nahestehende Person zu treffen, die nicht mehr selbst entscheiden kann. Das können auch medizinische Eingriffe sein. In einem solchen Fall greift in Deutschland das sogenannte Betreuungsrecht. Das zuständige Betreuungsgericht prüft, ob die betroffene Person nicht mehr in der Lage ist, selbst über seine Angelegenheiten zu entscheiden. Trifft das zu, wird ein Betreuungsverfahren eingeleitet. In der Regel benennt das Gericht eine Person aus dem nahen Umfeld. Das bedeutet: Selbst wenn die Angehörigen häufig die ersten sind, die als Betreuer in Frage kommen, müssen Sie dafür vom Gericht ernannt werden – es sei denn, Sie haben vorgesorgt.
Das zweite wichtige Vorsorgedokument neben der Patientenverfügung ist für diesen Fall die Vorsorgevollmacht. Damit können Sie schmerzhafte Erfahrungen verhindern und schützen sich und Ihre Familie.
Was ist eine Vorsorgevollmacht?
Eine Vorsorgevollmacht ermöglicht einer vertrauenswürdigen Person, rechtlich und finanziell in Ihrem Sinne zu handeln, wenn Sie selbst nicht mehr dazu in der Lage sind – etwa durch Unfall, hohes Alter, Krankheit oder Behinderung. Sie erlauben damit der Vertrauensperson, Sie gegenüber Dritten zu vertreten, und zwar im Umfang der erteilten Vollmacht.
Die Vorsorgevollmacht ermöglicht ein hohes Maß an Selbstbestimmung, setzt aber volles Vertrauen zu dem Menschen voraus, der mit dieser Vollmacht ausgestattet werden soll. Jede volljährige, geschäftsfähige Person kann und sollte eine Vollmacht erteilen.
Rechtsanwalt & Notar Dr. Andreas Lohmeyer betont im Video, warum eine Vorsorgevollmacht so wichtig ist:
Im Überblick: Was die Vorsorgevollmacht leistet
- Selbstbestimmung: Sie legen fest, wer in Ihrem Namen handeln und wichtige Entscheidungen treffen darf, wenn Sie selbst entscheidungsunfähig sind.
- Vermeidung gerichtlicher Betreuung: Mit der Vorsorgevollmacht verhindern Sie, dass eine fremde Person als Betreuung eingesetzt wird, die vielleicht Ihre Wünsche nicht kennt.
- Umfassende Regelungsmöglichkeiten: Sie können in der Vollmacht festlegen, welche Bereiche abgedeckt sein sollen, etwa finanzielle, rechtliche und medizinische Belange.
- Entlastung der Angehörigen: Andere Familienmitglieder werden entlastet, da klare Zuständigkeiten geregelt sind und konkret jemand handlungsfähig ist.
Worauf muss ich achten?
Es ist nie zu früh, sich um eine Vorsorgevollmacht zu kümmern. Sie gibt Ihnen die Gewissheit, dass Ihre Liebsten im Notfall in Ihrem Sinne handeln können. Doch kann nicht einfach der Ehepartner entscheiden? Jein. Seit dem 1. Januar 2023 gilt in Deutschland das Ehegattennotvertretungsrecht – jedoch nur in Gesundheitsfragen und begrenzt auf sechs Monate. Was es damit auf sich hat, erfahren Sie in unserem Artikel „Das neue Notvertretungsrecht 2023 und warum Sie trotzdem eine Vollmacht benötigen“.
Für die Vorsorgevollmacht gilt: Grundsätzlich können Sie selbst bestimmen, welche Rechte die von Ihnen bevollmächtigte Person hat. Sie können einer Person nur einen Teil der zu erledigenden Aufgaben übertragen oder ihr eine uneingeschränkte Vollmacht erteilen. Es gibt auch Aufgaben, die niemand stellvertretend für Sie übernehmen kann – etwa die Errichtung eines Testaments oder eine Scheidung. Übrigens: Wer eine Vollmacht bekommt, muss diese nicht zwingend annehmen. Sprechen Sie also mit der Person Ihres Vertrauens.
Gut zu wissen: Eine Beglaubigung der Unterschrift ist nur notwendig, wenn die Vollmacht zum Verkauf von Immobilien berechtigen soll. Falls Sie Unternehmer sind und Ihre Bevollmächtigten im Ernstfall über die Firma verfügen sollen, ist eine Beglaubigung bzw. Beurkundung Ihrer Vorsorgevollmacht ebenfalls in vielen Fällen notwendig.
Wenn Ihr Bevollmächtigter auch Bankgeschäfte für Sie erledigen soll, ist selbst eine beglaubigte oder beurkundete Vorsorgevollmacht oft nicht ausreichend, denn jede Bank hat eigene Bestimmungen zur Vollmacht. Fragen Sie bei Ihrer Bank nach.
Wie erstelle ich eine Vorsorgevollmacht?
Bei Afilio können Sie in wenigen Minuten ganz einfach eine rechtskräftige Vorsorgevollmacht für sich und Ihre Angehörigen erstellen, digital unterschreiben, ausdrucken oder per Post zusenden lassen. Bei Fragen hilft Ihnen der Kundenservice gerne weiter.
Wo hinterlege ich die Vorsorgevollmacht?
Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Vorsorgevollmacht im Notfall zugänglich zu machen: zuhause an einem sicheren Ort, digital über Ihre Notfallkarte von Afilio, beim Bevollmächtigten selbst und hinterlegt beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer (ZVR). Am besten nutzen Sie nicht nur eine Option, sondern sichern sich gleich mehrfach ab. Denn wie bei der Patientenverfügung gilt: Was nützt eine Vollmacht, die nicht gefunden wird?
Die Vorsorgevollmacht können Sie einfach mittels qualifizierter elektronischer Signatur (QES) digital und rechtssicher unterzeichnen. Sowohl das Original in Papierform als auch die digitale Vorsorgevollmacht zum Abruf sind rechtlich verbindlich und nachvollziehbar authentisch. Die Notfallkarte ist die schnellste Möglichkeit, das Dokument bereitzustellen.
Schritt 2 in der Praxis: Vertrauen in guten Händen
- Vorsorgevollmacht mit Afilio erstellen
- Originalkopie an einem sicheren Ort hinterlegen
- Vertrauensperson über den Aufbewahrungsort informieren
- Vorsorgevollmacht beim ZVR registrieren lassen
- Dokument auf der Notfallkarte hinterlegen
- Dokument digital signieren
Mit Schritt 1 und 2 haben Sie bereits wichtige Dokumente für den Notfall erstellt und hinterlegt. In Schritt 3 wird es darum gehen, wie Sie im Todesfall kein Chaos hinterlassen, das zu Erbstreitigkeiten in der Familie führen kann.
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- Schritt 1: Medizinische Wünsche festlegen – mit der Patientenverfügung
- Schritt 2: Rechtliche Vertretung im Ernstfall bestimmen – mit der Vorsorgevollmacht (<- dieser Beitrag)
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- Schritt 4: Kein Chaos hinterlassen – Nachlassinformationen teilen
- Schritt 5: Unterstützung finden – im Pflege- und Todesfall