Private Kranken­versicherung: So funktioniert sie

von Franziska Saß
11.06.2020 (aktualisiert: 10.01.2022)
Das Wichtigste in Kürze:
  • Die private Kranken­versicherung bietet Versicherten deutlich mehr Auswahl bei den Leistungen als die gesetzliche Kranken­kasse, die nur Pflichtleistungen abdeckt.
  • Selbstständige, Freiberufler, Beamte und Angestellte, die die Versicherungs­pflicht­grenze überschreiten, können sich in der privaten Kranken­versicherung versichern lassen.
  • Nimmt der Versicherte eine Leistung in Anspruch, muss er diese zuerst selbst bezahlen und kann sich die Kosten vom Versicherer erstatten lassen.
  • Die PKV berechnet den monatlichen Beitrag, den ein Versicherter zahlt, aufgrund von Gesundheits­fragen. Stellt jemand ein zu großes Risiko dar, weil er z. B. schwere Vorerkrankungen hat, kann ihn die Kranken­kasse auch ablehnen.
  • Eine Familien­versicherung wie bei der gesetzlichen Kranken­kasse, in der Kinder kostenfrei versichert werden, gibt es in der PKV nicht. Hier muss jedes Familienmitglied einzeln kostenpflichtig versichert werden.

Private Kranken­versicherung: Mehr Leistungen gegenüber der gesetzlichen Kranken­kasse

Etwa 8,7 Millionen Menschen waren 2019 Mitglied in der privaten Kranken­versicherung (PKV) und profitierten von gehobenen medizinischen Leistungen. Welche das sind, entscheiden Privatpatienten selbst: Während die gesetzliche Kranken­versicherung (GKV) für alle Versicherungsnehmer überwiegend die gleichen Leistungen erbringt, entscheidet bei der PKV jeder selbst, wie er versorgt werden möchte. Private Kranken­versicherungen bieten dafür verschiedene Tarife an, aus denen die Versicherten wählen können. Die meisten Tarife gehen über die Pflichtleistungen, die die gesetzliche Kasse bietet, hinaus. Hochwertiger Zahnersatz, die Chefarzt­behandlung und das Einzelbett im Kranken­haus sind häufig Bestandteile der privaten Versicherung. Einmal im Vertrag vermerkt, stehen die Leistungen dem Versicherungsnehmer ein Leben lang zu. Gesetzliche Kürzungen gibt es nicht. Bei der GKV sieht das anders aus: Per Gesetz werden die gesetzlichen Pflichtleistungen immer wieder angepasst – meist nicht zur Freude der Versicherten, die danach oftmals Anspruch auf weniger Leistungen haben.

Wie funktioniert die PKV?

Die private Kranken­kasse bietet ihren Versicherten in der Regel besseren Schutz und die freie Wahl bei Ärzten und Kranken­häusern. Doch wie funktioniert die Mitglied­schaft eigentlich?

Patient mit privater Krankenversicherung sitzt im Wartezimmer.
Langes Warten auf den Arzt? Patienten mit einer privaten Kranken­versicherung bekommen meist schneller einen Termin als gesetzlich Versicherte.

Monatlicher Beitrag

Mitglieder der privaten Kranken­versicherung wählen bei Vertragsabschluss einen Tarif, der alle Leistungen enthält, die sie benötigen. Nach Abschluss zahlen sie monatlich einen festgelegten Beitrag. Bei Angestellten zieht der Arbeitgeber diesen Betrag vom Bruttogehalt ab und führt ihn an die Kranken­kasse ab, genau wie bei der GKV. Allerdings unterscheidet sich die Berechnung des Beitrags: Während bei der GKV das Einkommen des Versicherten als Grundlage für die Berechnung dient, legt die private Kranken­versicherung den Beitrag je nach Gesundheits­zustand des Versicherten fest. Wie auch bei vielen privaten Zusatz­versicherungen, wie der Berufsunfähigkeits­versicherung oder der Kranken­hauszusatz­versicherung, muss der Versicherte vor Aufnahme einen Gesundheits­fragebogen ausfüllen. Die privaten Versicherer sind nicht dazu verpflichtet, jemanden aufzunehmen. Sie können aufgrund der Angaben im Gesundheits­fragebogen auch von einer Versicherung absehen.

Info: Einige Versicherer zahlen ihren Mitgliedern am Ende des Jahres sogar bis zu drei Monatsbeiträge zurück, wenn diese keine Leistungen in Anspruch genommen haben.

Card für Privatversicherte

Viele Versicherer geben die Card für Versicherte aus, die wie die Versichertenkarte der gesetzlichen Kranken­kassen genutzt werden kann. Mitglieder der Versicherung können, müssen die Karte aber nicht verwenden. Sie dient vor allem der Vereinfachung der Abrechnung bei Arztbesuchen. In der Regel muss der Versicherte die Rechnung für den Arztbesuch zuerst selbst begleichen und kann sich dann das Geld von seinem Versicherer erstatten lassen. Eine direkte Abrechnung mit dem Versicherer ist meist nur bei stationären Aufenthalten vorgesehen. In diesem Fall erleichtert die Card für Versicherte den Prozess.

Arztrechnungen

Wer privat versichert ist bekommt bei jedem Arztbesuch eine Rechnung. Diese muss meistens innerhalb von 10 oder 14 Tagen beglichen werden. Der Versicherungsnehmer muss den Betrag aus eigener Tasche zahlen und anschließend die Rechnung bei seiner Versicherung einreichen. Diese erstattet ihm die Kosten. Das Sammeln der Rechnungen ist möglich: Der Versicherte hat nach Ablauf des Jahres, in dem die Rechnung ausgestellt wurde, zwei Jahre Zeit, sich das Geld von seinem Versicherer zurückzuholen.

Selbstbeteiligung

Der monatliche Beitrag kann durch eine Selbstbeteiligung sinken. Entscheidet sich der Versicherungsnehmer dafür, muss er für einen Teil der Behandlungs­kosten selbst aufkommen. Alles was über diesen Betrag hinausgeht, wird von der Versicherung zurückerstattet. Diese Option muss nicht gewählt werden, kann aber besonders bei Menschen, die kerngesund sind und sehr selten zum Arzt gehen, zu erheblichen Einsparungen führen.

Wer kann sich privat versichern?

Privat versichern darf sich nur, wer versicherungsfrei ist. Arbeitnehmer müssen z. B. ein gewisses jährliches Einkommen erreichen, damit sie eine private Kranken­versicherung abschließen dürfen. Der Betrag wird jährlich gesetzlich festgelegt und als Versicherungs­pflicht­grenze bezeichnet. Beamte, Selbstständige, Freiberufler und Studenten können sich ungeachtet von dieser Grenze privat versichern.

Diese Personen dürfen in der privaten Kranken­versicherung Mitglied werden:

• Arbeitnehmer, die mehr als 62.550 Euro verdienen
• Beamte und Personen mit Anspruch auf Beihilfe
• Selbstständige und Freiberufler (ggf. ausgenommen sind Künstler, Publizisten und Landwirte)
• Studenten, die von der Versicherungspflicht befreit oder mindestens 30 Jahre alt sind
• Personen ohne Einkommen oder einem Einkommen unter 450 Euro im Monat (z. B. Hausfrauen, Hausmänner und Kinder)

Tipp: Besonders Menschen mit Beamtenstatus sollten sich mit der Frage auseinandersetzen, ob sie sich privatversichern möchten. Denn oftmals ist die PKV für sie deutliche günstiger als die gesetzliche Kranken­versicherung. Alles dazu erfahren Sie in unserem Beitrag Private Kranken­versicherung für Beamte: So funktioniert’s.

Begriffserklärung: Versicherungsfrei

Versicherungsfrei bedeutet nicht etwa, dass jemand keine Versicherung abschließen muss, sondern dass er diese frei wählen kann. Wer versicherungsfrei ist, kann sich entscheiden, ob er in der gesetzlichen oder in der privaten Kranken­versicherung Mitglied werden möchte.

Ärztin nimmt sich für Patienten mit privater Krankenversicherung Zeit.
Patienten mit einer privaten Kranken­versicherung können sich Ärzte und Kranken­häuser frei aussuchen und haben eine größere Auswahl bei den Leistungen. Das ist allerdings nicht nur positiv: Zum Teil werden ihnen Leistungen empfohlen, die nicht zwingend notwendig wären.

Was kostet die private Kranken­versicherung?

Während die Preisberechnung bei der gesetzlichen Kranken­kasse einfach und transparent ist, werden die Kosten für die private Kranken­versicherung komplizierter berechnet. Wie viel ein Versicherter für die private Kranken­versicherung im Monat zahlen muss, hängt von seinem Alter, dem Beruf, den gewünschten Leistungen, der eventuellen Selbstbeteiligung und seinem Gesundheits­zustand ab. Es gibt bereits Tarife ab 150 oder 200 Euro monatlich, allerdings gibt es auch deutlich teurere Tarife, die bei über 1.000 Euro im Monat liegen. Die Preisberechnung ist individuell und unterscheidet sich damit von einem Versicherten zum anderen teilweise erheblich. Grund dafür sind Aufschläge der Versicherung.

Alter

Um zu vermeiden, dass Versicherungsnehmer im Alter deutlich höhere Beiträge zahlen als in der Zeit, in der sie jung und gesund waren, werden Altersrückstellungen gebildet. Wer früh in die private Kranken­versicherung eintritt, hat lange Zeit, diese Rückstellungen aufzubauen und muss monatlich nur einen geringen Aufschlag von 10 Prozent zahlen. Wer sich erst in gehobenem Alter privatversichert, hat weniger Zeit und muss mit höheren Aufschlägen rechnen.

Gesundheit

Wer gesund ist, geht selten zum Arzt und kostet die Versicherung damit auch wenig Geld. Hat jemand Vorerkrankungen, führt das zu häufigeren Arztbesuchern und die Wahrscheinlichkeit ist größer, dass er irgendwann größere medizinische Behandlungen benötigt. Um dieses Risiko finanziell abzufangen, berechnet die Versicherung ebenfalls einen Zuschlag.

Leistungen

Wer mehr möchte, muss mehr zahlen: Versicherte, die besonders umfangreiche Leistungen abdecken wollen, zahlen deutlich höhere Beiträge als andere.

Selbstbehalt

Je höher der Selbstbehalt, desto geringer die monatlichen Kosten. Das funktioniert auch andersherum: Wer keinen Selbstbehalt möchte, muss mehr Geld für die Monatsbeiträge einkalkulieren.

Zuschüsse

Beamte und Angestellte bekommen Zuschüsse zu ihren Beiträgen: Angestellte bekommen einen Zuschuss von ihrem Arbeitgeber, Beamte Beihilfe von ihrem Dienstherrn. Rentner können einen Zuschuss von der gesetzlichen Rentenkasse beantragen. Selbstständige, Studenten und Freiberufler bekommen keine Zuschüsse und müssen die Kosten für ihre Versicherung komplett selbst tragen.

Beruf

Der Beruf macht einen Unterschied: Beamte bekommen von der Versicherung zumeist ein Angebot für einen speziellen Beihilfeergänzungstarif. Auch Studenten können bei vielen Versicherern besonders günstige Tarife in Anspruch nehmen. In der Regel wird der Preis für den Tarif nach Alter des Studenten gestaffelt, sodass er am Ende des Studiums zumeist etwas mehr zahlen muss als zu Anfang.

Gut zu wissen: Wer die Kosten für seinen Tarif in der PKV nicht mehr tragen kann und nicht zurück in die GKV wechseln kann, muss nicht zwingend Schulden machen. Jeder Versicherer ist seit 2009 verpflichtet, den kostengünstigen PKV Basistarif anzubieten, in den Sie unkompliziert wechseln können. Sie wollen wissen, ob Sie in die GKV zurück kommen? Hier erfahren Sie, wann ein Wechsel von der PKV in die GKV möglich ist.

Versicherungsbeitrag

Aufgrund der unterschiedlichen Berechnungsarten der gesetzlichen und der privaten Kranken­versicherung kann es sein, dass Sie in der privaten Kranken­versicherung weniger für besseren Versicherungsschutz bezahlen als bei der gesetzlichen Kranken­kasse.

Fröhlicher Arzt berät Patienten mit privater Krankenversicherung.
Ärzte nehmen sich oftmals für ihre Privatpatienten mehr Zeit als für gesetzlich Versicherte.

Private Kranken-versicherung: Nur für Gutverdiener geeignet?

Neben den Monatsbeiträgen fallen für Versicherte in der privaten Kranken­versicherung noch weitere Kosten an, die nicht zu unterschätzen sind. Deshalb wird die private Kranken­versicherung vor allem Beamten und in Festanstellung beschäftigten Gutverdienern empfohlen. Denn oftmals können nur sie davon ausgehen, dass sie die Kosten für die private Kranken­versicherung dauerhaft aufbringen können. Schließlich gibt es bei der PKV keinen Zeitpunkt, zudem die Versicherung beitragsfrei ist. In der Elternzeit, bei Arbeitslosigkeit oder Krankheit muss der Beitrag weiterbezahlt werden – auch wenn das Einkommen niedriger ist als zuvor.

Der Selbstbehalt ist ebenfalls ein Grund, warum Menschen mit niedrigem Einkommen, wenn möglich, von der privaten Kranken­versicherung absehen sollten. Die Selbstbeteiligung senkt zwar den Monatsbeitrag, kann aber zu finanziellen Engpässen führen, wenn sie zu hoch ist. Denn gerade bei größeren Behandlungs­maßnahmen kann ein Selbstbehalt von 1.000 Euro schnell fällig werden.

Bei der Familiengründung kommen auf Privatversicherte noch einmal zusätzliche Kosten zu, denn eine kostenlose Familien­versicherung wie in der GKV gibt es in der PKV nicht. Eltern müssen eine eigene kostenpflichtige Versicherung für ihre Kinder abschließen. Pro Kind fällt dann ein Betrag zwischen 80 und 160 Euro an, je nach Kasse und Leistungsumfang.

Vor- und Nachteile der privaten Kranken­versicherung

Die private Kranken­versicherung bieten ihren Versicherten zahlreiche Vorteile, hat aber auch Nachteile. Hier finden Sie noch einmal alle auf einen Blick:

Vorteile

Nachteile

  • Versicherte profitieren von einem größeren Leistungsumfang als bei der GKV
  • Versicherte können selbst wählen, welche Leistungen sie brauchen
  • Leistungen können nicht gesetzlich oder von der Versicherung gekürzt werden
  • gesunde Versicherte mit hohem Einkommen können gegenüber der GKV Geld sparen
  • bessere Behandlung, Ärzte nehmen sich oft mehr Zeit
  • freie Arzt- und Kranken­hauswahl
  • keine kostenlose Mit­versicherung von Kindern
  • kein Kranken­geld bei längerer Krankheit
  • keine Beitragsfreiheit bei Mutterschutz, Elternzeit, Krankheit, Rente oder Arbeitslosigkeit
  • hoher bürokratischer Aufwand durch Kostenrückerstattung
  • Gesundheits­prüfung vor Aufnahme erhöht bei Vorerkrankungen die Beiträge
  • Wechsel zurück zur GKV oftmals schwierig

Quellen

Franziska Saß

Franziska Saß ist seit April 2020 Content Managerin bei Afilio. Die studierte Journalistin hat über mehrere Jahre frei für verschiedene Tageszeitungen geschrieben und war anschließend in verschiedenen Unternehmen im Content Management tätig. Bei Afilio schreibt sie vor allem Ratgeberartikel zu wichtigen Vorsorge­dokumenten, Versicherungen und Pflege.

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