Erbschein: Wann Sie ihn brauchen

von Afilio
25.02.2021 (aktualisiert: 09.11.2021)
Das Wichtigste in Kürze:
  • Der Erbschein ist ein amtliches Zeugnis, das die Erben eines Verstorbenen öffentlich beurkundet.
  • Der Erbschein ist das wichtigste Dokument, das Sie benötigen, um den Nachlass zu regeln.
  • Sobald Sie einen Erbschein beantragen, nehmen Sie automatisch das Erbe an. Aus diesem Grund sollten Sie mit dem Antrag warten, falls Sie unsicher sind, ob Sie die Erbschaft noch ausschlagen möchten.

Mit einem Erbschein können Sie gegenüber Dritten nachweisen, dass Sie rechtmäßig geerbt haben. So bekommen Sie Zugang zu Ihrer Erbschaft und können den Nachlass regeln. Der Erbschein enthält nicht nur Informationen dazu, wer geerbt hat, sondern erklärt auch, wie groß der Erbanteil ist und welche weiteren rechtlichen Anordnungen vorliegen, etwa zur Regelung einer Nacherbschaft oder eine Testaments­vollstreckung. Das Nachlass­gericht erteilt den Erbnachweis als Alleinerbschein, als gemeinschaftlichen Erbschein für eine Erben­gemeinschaft oder als Teilerbschein für jeden Miterben.

Wann brauche ich einen Erbschein?

Der Erbschein ermöglicht es Ihnen gegenüber Dritten wie Banken, Versicherungen und Ämtern Grundbuchamt über das Erbe zu verfügen, wenn keine beglaubigte Kopie eines notariellen Testaments oder des Erbvertrags gemeinsam mit einem Eröffnungsprotokoll vorliegt. Ein handschriftliches Testament reicht als Nachweis über den Erbanspruch aus, sobald es vom Gericht geöffnet und beglaubigt wurde. Auch bei Vorlage einer gültigen Konto­vollmacht oder Vorsorge­vollmacht ist ein Erbschein nicht zwingend notwendig.

Angehörige benötigen den Erbschein nur dann, wenn der oder die Verstorbene kein Testament oder Erbvertrag hinterlassen hat. Dann greift die gesetzliche Erbfolge. In diesem Fall benötigt der gesetzliche Erbe den Erbschein, um seine Erbenstellung nachzuweisen. Bei einer Erben­gemeinschaft bedarf es in bestimmten Fällen nicht nur Teilerbscheine für die einzelnen Erben, sondern auch eines gemeinsamen Erbscheins, z. B. wenn sie das Konto des Verstorbenen auflösen möchten. Vermächtnisnehmer und Pflichtteils­berechtigte dürfen keinen Erbscheinsantrag stellen.

Vorsicht: Wer einen Erbschein beantragt, nimmt das Erbe automatisch an. Diese Einwilligung schließt auch bestehende Schulden mit ein. Es ist danach nicht mehr möglich, das Erbe auszuschlagen.

Wofür kann ich einen Erbschein nutzen?

Wenn Sie einen Erbschein beantragt haben, haben Sie somit Zugang zu Konten, Versicherungen und Immobilien. Das müssen Sie für die Nachlass­verwaltung wissen:

Bankkonten und Aktiendepots

Die Kommunikation mit Banken ist leider alles andere als unkompliziert. Gerade wenn es um die Nachlass­regelung oder die Vertretung einer Person geht, gibt es hier immer wieder Probleme. So erkennen die meisten Banken bis heute eine Vorsorge­vollmacht nicht als ausreichend an, um Vollmacht über Konten und Depots eines Pflege­bedürftigen zu erhalten. Sie verlangen stattdessen meist eine separate Konto­vollmacht, die häufig auf einem Vordruck der Bank erstellt werden muss. Nur wenn Sie keine Vollmacht haben, benötigen Sie den Erbschein, um Zugriff auf Konten, Aktiendepots und Schließfächer zu bekommen.

Viele Sparkassen führten in der Vergangenheit eine Klausel in ihren AGB auf, nach der anspruchs­berechtigte Erben einen Erbschein vorlegen mussten, um Zugriff auf das Konto des Erblassers zu erhalten. Diesen Passus hat der BGH bereits vor einigen Jahren gekippt, seither fordern immer mehr Sparkassen lediglich den Nachweis einer "erbrechtlichen Berechtigung". Können Erben also ein notariell beglaubigtes Testament vorlegen oder einen Erbvertrag mit Eröffnungsprotokoll des zuständigen Nachlass­gerichts, ist ein Erbschein nicht zwingend erforderlich.

Versicherungen

Gehören Versicherungen wie eine Kapitallebens­versicherung oder eine Sterbegeld­versicherung zum Nachlass, gibt es meist eine bezugsberechtigte Person. Diese benötigt keinen Erbschein, um die Leistung der Versicherung in Anspruch zu nehmen. Denn die ausgezahlte Versicherungssumme ist kein Teil des eigentlichen Nachlass­es. Möchten Sie Versicherungen kündigen, benötigen Sie hingegen einen Erbschein.

Immobilien

Ist ein Grundstück Teil der Erbmasse, dann ist es notwendig, den oder die Erben als neue Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch festzuhalten. Zu diesem Zweck fordert das Grundbuchamt die Vorlage eines Erbscheins, der auch dann erforderlich ist, wenn ein privates, nichtöffentliches Testament vorliegt oder die gesetzliche Erbfolge greift. Handelt es sich jedoch um ein notarielles Testament, ist die Vorlage des Erbscheins nicht notwendig.

Wo kann ich den Erbschein beantragen?

Den Erbschein können Sie beim Notar oder beim zuständigen Nachlass­gericht beantragen. Sie können den Antrag sowohl schriftlich als auch mündlich stellen. In diesem Fall belegt ein Protokoll die Antragstellung. Bei der Antragstellung müssen explizit alle Personen benannt werden, die auf Grundlage der gesetzlichen Erbfolge, eines Erbvertrags oder eines gültigen Testaments erben – und in welchem Verhältnis sie erben.

Was benötige ich für den Antrag?

Für den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins sind verschiedene Dokumente notwendig. Entscheidend ist, dass Sie diese Dokumente im Original vorlegen können:

  • Personalausweis oder Reisepass des Antragsstellers
  • Sterbeurkunde
  • Familienstammbuch
  • Namen und Adressen der Miterben sowie weiterer Verwandter
  • Falls vorhanden: Testament oder Erbvertrag
  • Wenn es kein Testament/keinen Erbvertrag gibt: Eidesstattliche Versicherung, dass weder Testament noch Erbvertrag vorliegen
  • Falls notwendig: Erbverzichtsvertrag oder Sterbeurkunden von Erbberechtigten

Was kostet ein Erbschein?

Die Erstellung eines Erbscheins ist grundsätzlich kostenpflichtig. Die Gebühr hängt vom Wert des Nachlass­es oder der Höhe der übernommenen Schulden des Erblassers ab. Grundsätzlich zahlt der Antragsteller für die Beantragung, allerdings muss sich in einer Erben­gemeinschaft jedes Mitglied an den Kosten beteiligen (Nr. 12210 KV GNotKG). Die Kosten für den Erbschein setzen sich in der Regel aus der Verwaltungsgebühr und den Kosten für eine eidesstattliche Versicherung zusammen. Umfasst der Nachlass des Erblassers auch Immobilien, steigen die Kosten häufig rasant an. Zur Bemessung des Immobilienwerts wird dabei der Verkehrswert, bzw. hilfsweise der Bodenrichtwert der Immobiliengemeinde, herangezogen. Vermietete Immobilien werden nach ihrem Ertragswert bewertet. Die Ausstellung der eidesstattlichen Versicherung erhöht die Kosten der Antragsprozedur in erster Linie, weil jeder Antragsteller umfangreiche Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen und seinem Verhältnis zum Erblasser machen und die Richtigkeit seiner Angaben gegenüber dem Nachlass­gericht "an Eides statt" versichern muss.

Eidesstattliche Versicherung erhöht die Kosten

Um sicherzustellen, dass die Angaben des Antragstellers auch möglichst genau und richtig sind, sind die Erben verpflichtet, die Richtigkeit Ihrer Angaben zusätzlich nachzuweisen. Für die meisten Angaben genügen öffentliche Urkunden zum Personenstand, wie z. B. die Geburtsurkunde, die Eheurkunde, oder die Sterbeurkunde. Alle Nachweise, die Erben nicht einfach mit einer Urkunde nachweisen können, müssen Sie eine eidesstattliche Versicherung abgeben. Sie dient dazu, nachzuweisen, dass Erblasser und Erbe z. B. verheiratet waren.

Allerdings müssen Erben nicht immer eine eidesstattliche Versicherung vorlegen. Denn die Entscheidung, ob sie zur Erteilung eines Erbscheins notwendig ist, liegt im Ermessen des Nachlass­gerichts. Hat z. B. ein Vorerbe zu einem früheren Zeitpunkt einen Erbschein erhalten, kann das Gericht entscheiden, dass er keine weitere eidesstattliche Versicherung erbringen muss, um nachzuweisen, in welchem Verhältnis Erblasser, Vorerbe und Nacherbe standen. Auch wenn Erben im Ausland leben, kann ein Gericht entscheiden, dass eine eidesstattliche Versicherung nicht notwendig ist, wenn Erben nur für die Versicherung nach Deutschland einreisen müssten.

Auszug aus den Gebühren für den Erbschein

Geschäftswert des Nachlass­es

Gebühr für den Erbschein

Tatsächliche Verwaltungskosten am Nachlass­gericht inkl. eidesstattliche Versicherung

bis 10.000 Euro

75 Euro

150 Euro

bis 50.000 Euro

165 Euro

330 Euro

bis 110.000 Euro

273 Euro

546 Euro

bis 200.000 Euro

435 Euro

870 Euro

bis 500.000 Euro

935 Euro

1870 Euro

bis 1.000.000 Euro

1.735 Euro

3470 Euro

bis 1.500.000 Euro

2.535 Euro

5070 Euro

bis 2.000.000 Euro

3.335 Euro

6670 Euro

Quellen

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